LIFE OF PI - SCHIFFBRUCH MIT TIGER - Ang Lee

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DJANGOdzilla
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LIFE OF PI - SCHIFFBRUCH MIT TIGER - Ang Lee

Beitrag von DJANGOdzilla »

LIFE OF PI – SCHIFFBRUCH MIT TIGER
[LIFE OF PI][USA][2012]

Bild

Regie: Ang Lee
Darsteller: Suraj Sharma; Irrfan Khan; Ayush Tandon; Gérard Depardieu; Rafe Spall; Tabu; Adil Hussain; Shravanthi Sainath; Vibish Sivakumar


Pi Patel [Irrfan Khan] erzählt einem Schriftsteller [Rafe Spall] die Geschichte seines Lebens: Als Sohn eines indischen Zoobesitzers verliert er als Jugendlicher [Suraj Sharma] bei einem Schiffsunglück seine ganze Familie. Er selbst kann sich auf ein kleines Boot retten, gemeinsam mit einem Zebra, einem Orang-Utan, einer Hyäne und einem bengalischen Tiger. Die Hyäne tötet erst das Zebra. Als der Orang-Utan das Zebra retten will, ist er das zweite Opfer. Doch der Tiger, bislang unter einer Plane versteckt, tötet im Anschluss die Hyäne. Nun ist Pi mit einem gefährlichen Raubtier allein auf hoher See – der Beginn einer unglaublichen Reise der Annährung, Hoffnung und Verzweiflung, bei der beide Parteien nach und nach erkennen, dass sie aufeinander angewiesen sind, um zu überleben.

Es soll Leute geben, bei denen flossen Tränen, als Chuck Noland, gespielt von Tom Hanks, in CAST AWAY von seinem Volleyball zwangsgetrennt wurde. Diese Leute möchte man nicht neben sich wissen, wenn sie Zeuge werden, wie Pi Patel sich am Ende LIFE OF PIs von seinem Tiger verabschieden muss.

Tatsächlich sorgt die erst nach langem Prozess entstandene Verfilmung des 2001 erschienenen Romans SCHIFFBRUCH MIT TIGER für ein paar der herzzerfetzendsten Szenen des Kinojahres 2012. In zeitweise schier überwältigenden Bildern erzählt LIFE OF PI ein ausladendes, in religiösen Metaphern und tiefgründigen Symbolen schwelgendes Abenteuermärchen, dessen versöhnliche Botschaft und simple Konklusion noch nachhaltig beeindrucken können.

Die optische Brillanz verkommt dabei niemals zum reinen Selbstzweck, sondern erscheint im Hinblick auf die finale Wende sogar fast zwingend notwendig. Der gebotene Prunk erschlägt Geschichte nicht etwa, sondern ordnet sich ihr unter, unterstützt sie, bereitet ihr die Bühne.

So beginnt LIFE OF PI - einer der visuell aufregendsten Filme des Jahres 2012 - in beschaulicher optischer Bescheidenheit mit unaufdringlichen Bildern sich friedlich lümmelnder Zootiere und fühlt sich nachfolgend, wenn er den jungen Inder Pi auf seiner Sinnsuche begleitet, zunächst wie ein bunt bebilderter Exkurs in Sachen Religion und südasiatische Gesellschaftsverhältnisse an.

Aus dieser Prämisse heraus entwickelt sich behutsam das intensive Psychogramm eines Mannes, der als Kind von der Vielzahl der Religionen dermaßen verwirrt wird, dass er gleich mehrere annimmt, der mit Intelligenz und Ausdauer den albernen Klang seines Namens reinwäscht, um als Jugendlicher schließlich auf hoher See, scheinbar verlassen von der Welt, doch mit unbändigem Lebenswillen, Tod und Wahn zu trotzen.

Besonders die turbulenten Ereignisse auf dem Meer sind es dann auch, die sich ins Gedächtnis brennen: Der brutale Überlebenskampf zwischen Zebra, Affe, Hyäne, Tiger und Mensch, groteskerweise im extrem beengten Raum eines Rettungsbootes stattfindend, liefert einzigartige, in ihrer Wirkung oft surreale Bilder von unübertrefflicher Symbolik.

Nachdem lediglich Mensch und Tiger überleben, beginnt eine faszinierende, von Rückschlägen und Erfolgen gezeichnete Annäherung beider Parteien, die sich schließlich miteinander arrangieren, als sie erkennen, dass einer auf die tröstende Gesellschaft des anderen angewiesen ist – nicht nur eine großartige Metapher für das respektvolle Zusammenleben von Mensch und Natur, sondern auch ein treffendes Gleichnis für die Zähmung des menschlichen Geistes.

Viele Regisseure waren bereits für die Verfilmung des im Jahre 2001 erschienenen Romans im Gespräch: M. Night Shyamalan [→ THE VILLAGE], Jean-Pierre Jeunet [→ DIE FABELHAFTE WELT DER AMELIE], Alfonso Cuarón [→ CHILDREN OF MEN] – keiner davon wäre eine schlechte Wahl gewesen.
Dass der Zuschlag schließlich an Ang Lee [→ SINN UND SINNLICKEIT] ging, muss dennoch als wahrer Glücksfall der Filmgeschichte gelten: Seine Inszenierung ist sich der Stärke ihrer zugrundeliegende Story jederzeit bewusst und geriet trotz überbordender Bildgewalt doch zugleich behutsam und unaufgeregt.
So kleidet Lee selbst die dramatischsten Momente immer noch in Szenen malerischer Ruhe: Wenn Pi den verheerenden Untergang seines Schiffes zeitweise unter Wasser miterlebt, entsteht auf diese Weise ein Bild von fast schon poetischer Anmut.

Hier geht's weiter: LIFE OF PI - SCHIFFBRUCH MIT TIGER
Zuletzt geändert von DJANGOdzilla am Sa 05.01.2013, 13:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Kaijufan90
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Re: LIFE OF PI - SCHIFFBRUCH MIT TIGER - Ang Lee

Beitrag von Kaijufan90 »

Es soll Leute geben, bei denen flossen Tränen, als Chuck Noland, gespielt von Tom Hanks, in CAST AWAY von seinem Football zwangsgetrennt wurde. Diese Leute möchte man nicht neben sich wissen, wenn sie Zeuge werden, wie Pi Patel sich am Ende LIFE OF PIs von seinem Tiger verabschieden muss.
Also willste du mit mir wohl nicht ins Kino. :mrgreen:
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DJANGOdzilla
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Re: LIFE OF PI - SCHIFFBRUCH MIT TIGER - Ang Lee

Beitrag von DJANGOdzilla »

Kaijufan90 hat geschrieben:
Es soll Leute geben, bei denen flossen Tränen, als Chuck Noland, gespielt von Tom Hanks, in CAST AWAY von seinem Football zwangsgetrennt wurde. Diese Leute möchte man nicht neben sich wissen, wenn sie Zeuge werden, wie Pi Patel sich am Ende LIFE OF PIs von seinem Tiger verabschieden muss.
Also willste du mit mir wohl nicht ins Kino. :mrgreen:
Vielleicht doch. Das war nämlich gar kein Foot-, sondern ein Volleyball, wie mir erst mit einiger Verspätung auffällt. :hammer:
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Barakidon
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Re: LIFE OF PI - SCHIFFBRUCH MIT TIGER - Ang Lee

Beitrag von Barakidon »

Habe mir den Film heute auch angeschaut und muß dem Review von Der Große Coordinator absolut rechtgeben. Ein bildgewaltiger Film, der sich einen ins Gedächtnis prägt. Lediglich der genaue religiöse Hintergrund der Figur von Pi hat sich mir noch nicht ganz erschlossen, da muß ich mir den Film nochmal anschauen. Was ich aber gerne mache. +++ +++ +++
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Filmemacher sollten bedenken, dass man ihnen am Tag des Jüngsten Gerichts all ihre Filme wieder vorspielen wird.

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