Rezension: Gruselkabinett - 169 - Ein Heim für Oscar

Neongrüne Riesenspinnen jagen Frankensteins Monster durch Draculas Schloß!
Antworten
Benutzeravatar
MonsterAsyl
Administrator
Administrator
Beiträge: 4410
Registriert: Do 29.05.2003, 00:04
Wohnort: Der Schädelberg

Rezension: Gruselkabinett - 169 - Ein Heim für Oscar

Beitrag von MonsterAsyl »

Bild

Gruselkabinett - 169 - Ein Heim für Oscar

Zum Inhalt:
Damit sie den neu eingerichteten "Mütterparkplatz" für ihren Einkauf in einem Londoner Antiquitätengeschäft nutzen kann, "borgt" sich Tante Marylin Merriweather ihre Großnichte Pamela aus. Tante Marylin benötigt eine repräsentative Schatulle und wird auch bald fündig. Zu ihrem Erstaunen befindet sich darin jedoch eine einäugige Puppe, die sofort Kontakt zu Pamela aufnimmt. Begeistert bittet Pamela ihre Großtante, die Puppe zu kaufen, ohne zu ahnen, was sie damit heraufbeschwört...


Zur Produktion:
Wenn im Titel einer Folge der Reihe "Gruselkabinett" das Wort "Heim" auftaucht, wissen die Fans bereits im Vorfeld, daß es sich um ein neues Abenteuer der Hargreaves handelt. Dies ist nach Gruselkabinett 83, 89, 109, 147 & 161 bereits die sechste Folge, die sich um diese besondere Familie dreht.
Während die erste Vertonung noch auf einer Erzählung von Allen Upward beruht, stammen alle nachfolgenden Geschichten von Titanias Skriptautor Marc Gruppe, dem das Kunststück gelungen ist, in seinen Hörspielskripten Grusel und Humor geschickt miteinander zu verbinden. Letzterer Aspekt kommt in diesem Fall jedoch kaum zum Tragen, da die etwas schrullige Tante hier zu meinem Bedauern eine eher untergeordnete Rolle inne hat. Freunde des gepflegten Gruselns kommen dagegen voll auf ihre Kosten. Puppen mit unheimlichem Eigenleben hat es ja schon öfters beim Gruselkabinett gegeben, aber der titelgebende Oscar übertrifft sie für mich alle. Nach ein wenig amüsantem Vorgeplänkel, etabliert Gruppe mit der Einführung der Puppe zügig die notwendige unheimliche Stimmung, welche bis zum durchaus bemerkenswerten, ungewöhnlichen Ende aufrechterhalten wird. Dementsprechend vergeht die Spielzeit von knapp 70 Minuten auch wie im Flug, ohne daß nur ein Funken Langeweile aufkommt. Besonders gut gefallen hat mir die Art und Weise, wie Gruppe hier mit dem Part des Erzählers umgeht. Statt nur eine Person, lässt er abwechselnd mal Colin, mal Alwyne zu Wort kommen. Damit sorgt er dafür, daß der Hörer nicht aus dem Geschehen gerissen wird und sich der Spannungsbogen bis zum Ende stetig steigern kann. Übrigens, wer die Geschichten der Familie Hargreaves verfolgt hat, wird sich über den kleinen Insidergag in Form des Begriffs "Heimsuchung" (eine Anspielung auf Gruselkabinett 83) freuen. Darüber hinaus erfährt der Hörer auch noch ein wichtiges Detail aus der Familiengeschichte, welches zuvor unerwähnt blieb, aber hervorragend zur Handlung passt. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Tatsache, daß mein Kater kein Problem mit den tiefen Basstönen hatte, während er aber sofort die Ohren spitzte, sobald die Puppe zu sprechen begann. Von daher möchte ich empfehlen, nicht nur empfindliche Haustiere, sondern auch ängstliche Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren, vom Hörgenuss besser auszuschließen.
Um die notwendige Atmosphäre zu schaffen, ziehen die Produzenten und Regisseure Stephan Bosenius und Marc Gruppe erneut alle Register. Da wäre zunächst die detaillierte Geräuschkulisse zu nennen. Wie gewohnt ist jede Szene mit einer Vielzahl von natürlich klingenden Tönen versehen worden. Das penetrante Dauerklingeln des Telephons zu Beginn der Geschichte, verbunden mit dem Rascheln von Zeitungspapier, dem knisternden Kaminfeuer, bis hin zu den draußen auf der Straße gedämpft hörbaren Autos, schafft ein solides Klangbild des Wohnzimmers. Neben diesen gewohnten Geräuschen, gibt es aber auch eine Unzahl an kleinen Lauten, die den Gruselfaktor erhöhen. Dazu zählt die knarrende Schlafzimmertür, das laute, eindringliche Klopfen an selbiger und das vermeintlich unschuldige Knarren eines Schaukelstuhls. Bemerkenswert finde ich ja jedesmal, wie akribisch die gesamte Soundkulisse inszeniert ist. Egal, ob es dabei um das Rascheln der Bettwäsche oder die unglaublich echt klingende Türglocke des Antiquitätengeschäfts geht, kein akustisches Detail wurde vergessen. Obwohl das Feuer mitsamt dem Löschvorgang natürlich wesentlich dramatischer ausfällt, hat mich das Geräusch, welches ein Kugelschreiber auf rauem Papier macht, besonders begeistert. Es sind eben genau diese "Kleinigkeiten", die erheblich zum Realismus des Geschehens beitragen.
Ebenfalls sehr gelungen ist aber auch der elektrische Stromschlag, den Colin erleidet. Ein Geräusch, das mich sofort an die alten Gruselfilme der 1930er Jahre denken ließ. Die eingesetzten Effekte beschränken sich auf leichte Verfremdungen. So ist sowohl die Stimme des Geistes als auch das sardonische Gelächter der Puppe mit etwas Hall unterlegt worden, um sie von den "Lebenden" abzugrenzen. Am meisten beeindruckt haben mich jedoch die dumpf gehaltenen Geräusche, die man hinter Oscars Zimmertür hört. Diese klingen exakt so, als spiele dort ein Kind, und ich könnte mir durchaus vorstellen, daß Bosenius und Gruppe sie aufgenommen haben, während ihre Tochter sich mit ihren Spielsachen beschäftigte.
Selbstverständlich kommt auch der Musik, mit der die einzelnen Szenen entweder unterlegt oder eingeleitet werden, wieder eine wichtige Rolle zu. Um das friedliche Beisammensein der Familie zu illustrieren, ist zunächst eine fröhlich anmutende Melodie zu hören, die beim ersten Auftritt Oscars einer unheimlichen Weise Platz macht. Die Highlights sind für mich aber der Unheil ankündigende Choral, der bei Miss Melodys Bericht eingespielt wird, und die ultratiefen, vom Synthesizer stammenden Basstöne, die dem Hörer durch Mark und Bein gehen. Neben dem elektronischen Musikinstrument, kommen hier hauptsächlich die zum zeitlichen Handlungsrahmen passenden Instrumente wie Geigen, Trommeln und Klavier zum Einsatz. Zum Schluß ertönt noch eine versöhnliche, absolut zur Stimmung passende Melodie, bei der erneut Geige und Klavier dominieren.

Zu den Sprechern:
Allen Beteiligten ist ihre Spielfreude deutlich anzuhören, aber am meisten hat mich dieses Mal die Darbietung des Trancemediums Stephanie Kellner(Alwyne Hargreaves) begeistert. Es ist einfach unglaublich, welche Bandbreite an unterschiedlichsten Emotionen diese Schauspielerin zum Ausdruck bringt. Egal, ob sie sich amüsiert, sich erschreckt oder ganz verängstigt ist, jedes dieser Gefühle überträgt sich sofort auch auf den Hörer. Besonders die Szene, in der sie schier verzweifelt, hat mich regelrecht mitgenommen und sofort den Beschützerinstinkt in mir geweckt. Ähnlich überzeugend agieren aber auch die restlichen Familienmitglieder. Benedikt Weber(Colin Hargreaves) gibt einmal mehr den Ehemann mit der etwas langen Leitung, der die Gefahr, welche von Oscar ausgeht, zunächst herunterspielt, nur um seine Fehleinschätzung später umso mehr zu bereuen. Clara Fischer(Pamela Hargreaves) brilliert wieder als aufgeweckte Tochter, die das unheimliche Talent ihrer Mutter geerbt hat und vom Verhalten ihrer Großtante zurecht befremdet ist. Apropos Tante, die kompromisslose, überaus eigensinnige Haltung von Ursula Sieg(Tante Marylin Merriweather) als überdrehte ältere Frau, die Alwyne zu deren Ärger auch gern mal "Püppchen" nennt, sorgt trotz ihres relativ kurzen Einsatzes wieder für etliche Lacher. Louis Friedemann Thiele(Captain George Howard Raymond) intoniert abermals den hilfsbreiten "Kontrollgeist", bei dem ich mir allerdings etwas mehr stimmliche Dramatik gewünscht hätte. Da Clara Fischer mit Sicherheit von ihrer Mutter begleitet worden ist, hat auch Dana Fischer(Verkäuferin) einen kurzen, aber dennoch prägnanten Auftritt als freundliche Angestellte des Antiquitätengeschäfts. Ebenfalls ausgezeichnet fällt Marion Hartmanns(Miss Melody) Portrait der zunächst etwas reserviert daherkommenden Besitzerin des Antiquitätenladens aus, die sich erst im Laufe des Gesprächs mit Alwyne dazu entschließt, ihre Angst vor Oscar und seinen Taten zu offenbaren. Marc Gruppe(Oscar), der ja gern die Rolle der jeweiligen "Gruselgestalt" übernimmt, beweist eindrucksvoll, das geflüsterte Worte mindestens so bedrohlich wirken können wie Schreie, und sein schauerliches Gelächter trägt schon beinahe mephistophelische Züge.

Fazit:
Die für mich die bisher gruseligste Folge mit den Hargreaves.

Das Hörspiel Gruselkabinett - 169 - Ein Heim für Oscar
gibt es bei
Amazon.de
oder bei
POP.de
Keeper of the Monsters

Bild
Antworten

Zurück zu „Grusel-Hörspiele“