Rezension: Gruselkabinett - 191 - Schauermärchen 2

Neongrüne Riesenspinnen jagen Frankensteins Monster durch Draculas Schloß!
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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 191 - Schauermärchen 2

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Gruselkabinett - 191 - Schauermärchen 2

Zum Inhalt:
Fitchers Vogel: Ein abgrundtief böser Hexenmeister gibt sich als Bettler aus und raubt dabei hübsche Mädchen. Nachdem er bereits zwei von drei Schwestern entführt hat, versucht er es schließlich auch noch bei der Jüngsten. Doch die ist schlauer als ihre Schwestern...
Das Mondschloss: Ein reicher Mann macht einem hübschen Mädchen den Hof. Zunächst zögert sie zwar ein wenig, aber dann geht sie doch mit ihm mit und erfreut sich am Reichtum des zukünftigen Gatten. Eines Tages muss dieser verreisen und übergibt ihr die Schlüssel des Hauses mit der Auflage, nicht den Keller zu betreten. Das Mädchen verspricht es, kann dann aber seine Neugier nicht zügeln...
Der Wachholderbaum: Einer geldgierigen Stiefmutter erscheint der Leibhaftige, der sie überzeugt, daß ihr kleiner Stiefsohn weg muss. Eines Tages ist es dann soweit, und sie tötet den Jungen auf brutale Weise...

Zur Produktion:
Die Schauermärchen gehen bei Titania-Medien in die zweite Runde. Diesmal stammen die ersten beiden Erzählungen von den Gebrüdern Grimm (Jacob Grimm 1785 - 1863 und Wilhelm Grimm 1786 - 1859) und die dritte von Ludwig Bechstein (24.11.1801 - 14.05.1860). Auch wenn es sich hier um drei eigenständige Geschichten handelt, wird der Inhalt den Hörern zumindest bekannt vorkommen, da sich das "Blaubart-Thema" wie ein roter Faden durch alle zieht.
Zur Eröffnung hat sich Skriptautor Marc Gruppe des Märchens von "Fitschers Vogel" (Kinder- und Hausmärchen 46, nachfolgend mit KHM abgekürzt) angenommen. Zunächst hat er einige veraltete Begriffe wie z.B. "Kötze" mit den Worten "Kiepe" bzw. "Korb" ersetzt. Warum Gruppe zwei verschiedene Wörter wählte, weiß ich natürlich nicht, hätte es aber bevorzugt, wenn beide Male nur von einem "Korb" die Rede gewesen wäre, auch wenn es dieser Ausdruck nicht ganz trifft (eine Kiepe bzw Kötze ist nämlich eine (Rücken-)Tragevorrichtung). Hier gibt es auch keine "Lebensstrafe", sondern es wird von "Leben enden" gesprochen. Darüber hinaus wurde aus "hineinplumpte" das gebräuchlichere "hineinplumste". Eine andere kleine Änderung hat mir richtig gut gefallen. Statt wie bei den Grimms von einer "Stube" zu reden, welche ja doch irgendwie Gemütlichkeit assoziiert, spricht Marc Gruppe von einem sehr viel passenderen "Kellergewölbe". Ansonsten bleibt er dicht an der literarischen Vorlage und fügt nur wenige Sätze ein. Dafür hat er allerdings etliche Satzteile umgestellt. So klingt alles sehr viel flüssiger und auch gefälliger als bei den Grimms.
Die zweite Geschichte "Das Mondschloss" (KHM 73a) ist nur in der 1. Auflage von 1812 enthalten gewesen. Im Großen und Ganzen gibt es kaum Unterschiede zur Vorlage. Lediglich einige zusätzliche Füllsätze bzw. Dialoge sind hinzugekommen, um den Ablauf "ohrgefälliger" zu gestalten. Neu ist unter anderem die "geheime Kammer" im Keller, daß die alte Frau die Därme "schrappt", um daraus Würste zu machen, und aus dem ursprünglichen Mord-Castell wird das Mord-Schloß. Weggefallen ist hingegen der Begriff "Mamsell", was ich überaus begrüße, denn als alter Hörspielfan hätte man sonst zu leicht die Französischlehrerin von "Hanni und Nanni" vor Augen.
Das dritte und letzte Märchen, "Der Wachholderbaum" von Ludwig Bechstein, ist dem einen oder anderen möglicherweise eher unter dem Titel "Von dem Machandelboom" bekannt. Da die Geschichte eigentlich auf Plattdeutsch erzählt wird, musste Gruppe davon erst einmal eine hochdeutsche Version erstellen.
Hier gibt es auch die meisten zusätzlichen Dialoge, da der Skriptautor noch die Figur des Teufels eingefügt hat. Ebenfalls neu ist die Nennung des Zeitraums von 6 Wochen für den angeblichen Besuch des Jungen bei seinem Oheim, und aus der "Klau" wurde die heutzutage bekanntere Kralle.
Alle drei Märchen, die es zusammen auf ca. 66 Minuten Laufzeit bringen, sind überaus brutal und extrem blutig, was auch die Altersempfehlung "über 14 Jahre" erklärt.
Wie die Leser meiner Rezensionen bereits wissen, schätze ich Regie und Produktion durch Stephan Bosenius und Marc Gruppe sehr. Doch diesmal bin ich nicht ganz so glücklich über die musikalische Untermalung. Doch dazu gleich mehr. Was die Geräuschkulisse angeht, ist das Hörspiel ohne Fehl und Tadel. Bei "Fitchers Vogel" zwitschern die Vögel, und Büsche und Gräser rascheln im Wind. Im Kontrast zu dieser akustischen Idylle stehen die "Metzelgeräusche" und das Geschrei der bedauernswerten Opfer. Türen knarren oder quietschen, und als sich eine besonders massive Tür schließt, hört man das auch. Akustisches Highlight sind für mich hier die hochschlagenden Flammen und der anschließende Einsturz des Gebäudes. Das wirkt wirklich so, als wäre man dabei. In der Geschichte vom "Mondschloss" erlebt man eine Kutschfahrt mit sämtlichen dazugehörigen Geräuschen, es wird mit dem Schlüsselbund geklimpert, und die Menschenmenge im Schloß ist deutlich vernehmbar. Den Höhepunkt bildet jedoch der "Herzschlag", der das Ganze noch bedrückender macht als ohnehin schon. Am üppigsten mit Tönen ausgestattet ist jedoch "Der Wachholderbaum". Im Kamin prasselt ein Feuer, draußen zwitschern die Vögel, und der Truhendeckel knarrt beim Öffnen.
Der "matschige" Sound bei der Enthauptung ist schon ziemlich gruselig, aber noch schlimmer für den Hörer sind die späteren "Kochgeräusche" wie das Rühren und Blubbern im Topf. Bevor der Vater sich setzt, wird der Stuhl gerückt und knarrt dann, als er sich auf ihm niederlässt. Vor dem Haus krächzen die Krähen, die Blätter des Baumes rauschen im Wind, und als der Vogel wegfliegt, klingt dies vollkommen natürlich.
Am besten gefallen haben mir aber die "Feuerwalze", bei der man förmlich die Hitze im Gesicht spürt, und der Wasserdampf bzw. das lodernde Feuer. Außerdem hat mich auch das Geräusch des Mühlsteins, als er auf dem Kopf einer Figur landet, sehr beeindruckt.
Damit kommen wir zur Musik. Bei "Fitchers Vogel" dominiert der Choral, es gibt aber auch eine Streicherweise und ein dramatisch anmutendes orchestrales Stück. Ferner erklingen noch treibende Synthesizer-Sounds und eine Abschlussmelodie, welche mich an den Film "Psycho" erinnert hat. "Das Mondschloss" beginnt mit einer harmonischen Klaviermelodie, doch dann kommen, wenn auch nicht exakt die gleichen, aber doch sehr ähnliche Synthesizer-Töne. Im weiteren Verlauf wird dann noch eine liebliche Flötenweise eingespielt. Im dritten und letzten Märchen dominiert ebenfalls erneut der Choral, mal treibend, mal tragend und es ertönen nochmals die bereits erwähnten Synthesizer-Sounds. Obwohl die Stücke alle zum Geschehen passen, ist mir die Musik insgesamt einfach zu repetiv gewesen. Da fehlt es ein bisschen an Abwechslung.
Was die Effekte angeht, so ist mir vor allem der unterschiedlich starke Hall in allen drei Märchen aufgefallen. Bei "Fitchers Vogel" sind die Stimmen im Haus des Hexenmeisters mit Hall unterlegt worden, um die Größe des Raumes akustisch widerzuspiegeln. Den gleichen Zweck erfüllt auch der Hall bei "Das Mondschloss". Dort gibt es ihn bei den Stimmen sowohl im Keller, wie auch im Schloss, allerdings im Keller weniger als oben, was natürlich hervorragend zu den unterschiedlich großen Räumen passt. Etwas dezenter und mit anderer Wirkung wird der Hall in der Geschichte "Der Wachholderbaum" eingesetzt. Die Stimme des Teufels hallt leicht, zum einen, um dessen "Unwirklichkeit" zu verdeutlichen, und zum anderen, um zu unterstreichen, daß die Stiefmutter ihn nur in ihrem Kopf hört.
Der Hall, den man gegen Ende des Hörspiels beim Klagelied vernimmt, lässt selbiges noch ein wenig eindringlicher wirken als ohnehin schon.

Zu den Sprechern:
Da Bodo Primus(Erzähler) in allen drei Märchen diese Funktion inne hat, gehe ich separat auf ihn ein. Primus, der auch als Erzähler in der Titania-Medien-Reihe "Grimms Märchen" auftritt, macht seine Sache ausgezeichnet. Seine leicht raue Stimme passt perfekt, und seine unheilschwangere Betonung sorgt zusätzlich für gruselige Momente.

Fitchers Vogel:
Der Hexenmeister(Michael Pan) dominiert zurecht diese Geschichte. Pans raue Stimme eignet sich perfekt für den bösartigen Charakter, der erst einschmeichelnd spricht, um dann seine wahre und äußerst grausame Seite zu zeigen. Es ist einfach großartig, wie mühelos es ihm gelingt, Bedauern, Wut und Unterwürfigkeit in seinen Vortrag zu legen. Da seine Figur quasi das personifizierte Böse ist, hat man als Hörer wenig Mitleid, wenn er gegen Ende des Hörspiels auf Grund der körperlichen Anstrengung stöhnt und keucht. Clara Fischer(Mädchen) hat zwar nur einen relativ kurzen, aber dafür um so beeindruckenderen Auftritt als junge Frau, die erst verlegen agiert und als ihr klar wird, was das Schicksal für sie bereithält, verängstigt vor sich hinschluchzt. Auch Stephanie Kellner(Älteste Tochter) reagiert zunächst verhalten und zögerlich, bevor sie dann wütend und schließlich ängstlich wird. Das schöne Haus des Hexenmeisters beeindruckt und begeistert sie, bis sie hinter dessen schreckliches Geheimnis kommt. Das Schicksal meint es auch mit Regine Lamster(Mittlere Tochter) nicht gut, und so jammert und fleht sie um ihr Leben. Nur Katharina von Keller(Jüngste Tochter), die ihre Rolle mit lieblicher Stimme spricht, hat die Situation im Griff und beherrscht schliesslich den Hexenmeister. In weiteren Nebenrollen sind noch Benedikt Weber(Hochzeitsgast) als verwunderter und amüsierter Freund der Familie, sowie Leon Reichert, Julian Tennstedt und Louis Friedemann Thiele als keuchende, zu allem entschlossene Brüder zu hören.

Das Mondschloss:
Jonas Minthe(Reicher Herr) überzeugt in seinem Part als gutsituierter, aber gieriger Lebemann, der aufgrund der Ereignisse unruhig und schließlich sogar ängstlich wird. Die unvergleichliche Reinhilt Schneider(Jüngste Tochter) brilliert in der Rolle des fröhlichen jungen Mädchens, das erst glücklich, dann aber zunehmend verunsichert wirkt. Ihre Angst und ihr Entsetzen gehen dem Hörer mal wieder durch Mark und Bein. Die leicht heisere Stimme von Monika John(Alte Frau) passt perfekt zu ihrer Figur, die schließlich doch Mitleid mit dem Mädchen hat und ihm zuliebe sogar den Hausherrn belügt. Abgerundet wird der gute Cast von Julian Tennstedt(Junger Graf), der entsetzt der Geschichte des Mädchens lauscht und sich dabei umgehend in es verliebt. Die Überführung des bösen Mannes fädelt er raffiniert ein, um dann konsequent sein Urteil zu fällen.

Der Wachholderbaum:
Helmut Zierl(Vater) intoniert den besorgten Familienvater, den der Tod seiner ersten Frau tief trifft. Zwar wundert er sich, wo sein Sohn ist, aber das hindert ihn nicht daran begierig die ganze Blutsuppe aufzuessen. Seine gläubige erste Frau Sigrid Burkholder(Mutter) weint viel und ist erst erleichtert, als ihr größter Wunsch in Erfüllung geht. Edward McMenemys(Brüderchen) Darbietung des kleinen Jungen, der durch das brutale Verhalten seiner Stiefmutter zurecht vollkommen verängstigt ist und wie Espenlaub zittert, fand ich wirklich beeindruckend. Alle überragend ist aber Regina Lemnitz(Stiefmutter) als abgrundtief böse Ziehmutter, die den Kleinen auf den Tod nicht leiden kann. So liebevoll sie zu ihrer eigenen Tochter ist, so grausam verhält sie sich gegenüber dem Jungen. Nach ihrer Tat ist sie zwar über sich selbst entsetzt, doch erst beim Klagelied des kleinen Vogels bricht sie unter ihrer Schuld zusammen. Auch Marlene Bosenius(Marlenchen) kann auf ganzer Linie überzeugen. Sie spielt das liebe Schwesterchen mit Bravour, und wenn sie weint, hat man als Hörer sofort das Bedürniss, sie zu trösten. Ebenso beeindruckend wie Frau Lemnitz spielt auch Thomas Balou Martin(Teufel) seinen Part. Mit seiner rauen Stimme ist er quasi die Personifizierung des Bösen, und seine eindringlichen Worte hinterlassen nicht nur bei der Stiefmutter tiefen Einruck. In kleineren aber genauso feinen Rollen kommen noch Bert Stevens(Goldschmied) als vor sich hin grummelnder und murmelnder Handwerker, der den Vogel bedauert, Lutz Reichert(Schuster) als überraschter und vom Lied des Vogels betörter Schuhmacher, sowie Ursula Sieg(Schusterin) als seine von der Schönheit des Vogels begeisterte Ehefrau zu Gehör. Einen kurzen Auftritt haben noch Dirk Petrick und Leon Reichert als verwunderte, vom Klagelied des Vogels beeindruckte Müllergesellen.

Fazit:
Drei wirklich schaudererregende Märchen, die dem Hörer die Haare zu Berge stehen lassen.

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