Rezension: Gruselkabinett - 93 - Das Haus der sieben Giebel

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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 93 - Das Haus der sieben Giebel

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Gruselkabinett - 93 - Das Haus der sieben Giebel

Zum Inhalt:
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts beschuldigt Colnoel Pyncheon seinen Nachbarn Matthew Maule der Hexerei, um an dessen Land zu kommen. Doch dieser verflucht, bevor er hingerichtet wird, den Colonel und seine Familie. Die Verwünschung scheint auch zu wirken, denn bereits am Tag der Einweihungsfeier des "Hauses mit den sieben Giebeln" verstirbt der Hausherr auf mysteriöse Weise. Fortan leben die Mitglieder der Familie Pyncheon in Furcht, dieses Schicksal teilen zu müssen.


Zur Produktion:
Das im April 1851 erstmals veröffentlichte Buch "The House of seven Gables" dürfte wohl zu den bekanntesten Werken des amerikanischen Autors Nathaniel Hawthorne(04.07.1804 - 19.05.1864) gehören. Die aufkommende Filmindustrie erkannte früh das Potential des Werkes und sorgte bereits 1910 für eine erste Adaption. Ihr folgten im Laufe der Zeit zwar noch mehrere Verfilmungen des Stoffes, allein zwei davon mit dem unvergesslichen Vincent Price, aber keine dieser Produktionen konnte auch nur annähernd der literarischen Vorlage gerecht werden.
Umso gespannter war ich auf die Hörspielversion aus dem Hause Titania. Wer die Geschichte gelesen hat, weiß, wie komplex sie aufgebaut ist. Während es Hawthorne vor allem darum ging, die Themen 'Schuld', 'Sühne' und 'ausgleichende Gerechtigkeit' in Form einer Allegorie aufzuarbeiten, hat sich Skriptautor Marc Gruppe geschickterweise darauf konzentriert, für das Hörspiel hauptsächlich die Horrorelemente in den Vordergrund zu rücken, ohne diese Themen aber ganz außer Acht zu lassen. Trotzdem sah er sich gezwungen, den Roman radikal zu kürzen, um dessen Handlung auf einer CD unterbringen zu können. Puristen mögen diese Art der Komprimierung zwar vielleicht verdammen, für mich trübt sie das Hörvergnügen aber in keinster Weise, auch wenn Hawthornes psychologische Komplexität dadurch vielleicht ein wenig an den Rand rückt. Da sich die Geschichte über mehrere Generationen hin erstreckt, wird der Erzählfluß immer wieder von diversen Rückblenden unterbrochen, die das "aktuelle" Geschehen verständlich machen. Dies geschieht jedoch auf so gekonnte Art und Weise, daß die Spannung nicht darunter leidet, sondern das schleichende Grauen mit jeder neuen Information noch verstärkt wird. Wer sich nun selbst ein Bild von den Unterschieden zwischen Roman und Hörspiel machen will, findet Hawthornes Werk im Internet unter http://www.gutenberg.org/files/77/77-h/77-h.htm zum Nachlesen.
Normalerweise unterlegen Stephan Bosenius und Marc Gruppe die einzelnen Szenen mit dazu passenden Melodien. Das ist hier eher nicht der Fall, abgesehen von der Elegie des Komponisten Richard Wagner, interpretiert von Lin Lin. Stattdessen werden vermehrt dunkle, bedrohlich wirkende Töne eingespielt, welche die bereits vorhandene unheimliche Grundstimmung noch intensivieren. Ganz wie gewohnt, gibt es auch eine üppige, jederzeit natürlich klingende Geräuschkulisse. Neben den zu erwartenden Tönen, wie dem prasselnden Kaminfeuer, Vogelgezwitscher oder Rabenkrächzen, kommen auch einige akustische Effekte (Nachhall des Hustens oder gedämpfte Stimmen, wenn sich die Sprecher in einem anderen Raum befinden) zum Einsatz. Alles in allem entsteht auf diese Weise ein dicht gewebter Klangteppich, der für die passende Atmosphäre sorgt und die ständige unterschwellige Beklemmung noch fühlbarer macht.


Zu den Sprechern:
Zurecht hebt Titania die große alte Dame des Hörspiels, Dagmar von Kurmin(Hepzibah Pyncheon), auf der Rückseite der Hülle hervor. Ich kann wirklich nicht sagen, in wie vielen Produktionen mir ihre Stimme schon begegnet ist, aber ihre überragenden Leistungen haben mich schon von Kind an begeistert. Auch hier wirkt ihr Spiel derart intensiv, daß man förmlich meint, sie lebe ihre Rolle.
Ihr Portrait der älteren, vom Schicksal gezeichneten Lady, die ständig zwischen würdevoller Resignation auf der einen und unbändiger Wut und Verachtung gegenüber ihrem Vetter auf der anderen Seite hin und her pendelt, ist absolut makellos. Ebenfalls bemerkenswert fand ich Helmut Winkelmann(Clifford Pyncheon) als den von seinem unverdienten Gefängnisaufenthalt schwer gezeichneten, verbitterten Bruder, dessen Angst ihn beinahe wahnsinnig werden lässt. Auch die dritte Hauptfigur ist mit Horst Naumann(Richter Jaffrey Pyncheon) hervorragend besetzt. Er spricht seinen Text mit eiskalter, leicht heiserer Stimme, die nur dann weicher klingt, wenn sich sein Charakter einen Vorteil durch Schmeichelei erhofft. Sein böses Lachen bleibt dem Hörer dabei noch lange im Ohr. Passenderweise setzt Titania ihn zusätzlich in der Rolle des skrupellosen Vorfahren (Colonel Pyncheon) ein und verdeutlicht damit die generationenübergreifende Verdorbenheit der Familie. Janina Sachau(Phoebe Pyncheon) verkörpert sehr angenehm das junge, fröhliche Mädchen, das vom Schicksal der anderen Familienmitglieder tief erschüttert ist, und Louis Friedemann Thiele, der neben seiner Rolle als Holgrave auch den Part des Erzählers übernimmt, wirkt mit seiner aufmunternden Art genauso natürlich. Daniel Schlauch(Ned Higgins) agiert perfekt als der freundliche, aufgeregte Schuljunge, und auch Sascha Wussow(Matthew Maule) passt gut als energischer Grundbesitzer. Besonderes Augenmerk verdienen Jacques Breuer(Matthew Maule jun.), der den überaus boshaften Zimmermann spielt und die bemitleidenswerte, ihrem Vater treu ergebene Maximiliane Häcke(Alice Pyncheon) bis zu ihrem vorzeitigen Tod quält. Nicht ganz schuldlos daran ist Hans Bayer(Gervayse Pyncheon), der die Gier nach Geld über das Wohlergehen seiner Tochter stellt. In einer kleinen Nebenrolle kommt noch Lutz Reichert(Scipio) als unterwürfiger, farbiger Diener zum Einsatz.


Fazit:
Klaustrophobischer Horror in gelungener Umsetzung.


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Keeper of the Monsters

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