Rezension: Gruselkabinett - 102 - Mrs. Amworth

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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 102 - Mrs. Amworth

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Gruselkabinett - 102 - Mrs. Amworth

Zum Inhalt:
Außer den lebhaften Samstagen und Sonntagen, wenn viele Ausflügler mit ihren Motorrädern und Automobilen durch den an der Durchgangsstraße von London nach Brighton gelegenen Ort Maxley brausen, gibt es dort nichts, was die beschauliche Ruhe stört. Das ändert sich erst, als die attraktive Mrs. Amworth, eine 45jährige Witwe aus Indien, in dem Dorf ein Haus bezieht. Sehr zur Freude von Emmet Foster, ist die Dame, genau wie er selbst, eine begeisterte Piquet-Spielerin, und so entwickelt sich schnell eine Art Vertrauensverhältnis zwischen den beiden. Emmets guter Freund Prof. Francis Urcombe ist von dem Zuzug allerdings ganz und gar nicht angetan, und sollten sich seine Vermutungen bestätigen, wird in Maxley bald nichts mehr so sein, wie es einmal war.

Zur Produktion:
Die Tage werden wieder länger und das Wetter schlechter, mit anderen Worten: Der Herbst ist gekommen. Da ist das Herbst- bzw. Winterprogramm des Labels Titania ein echter Lichtblick, der uns Hörspielfans so manchen düsteren Tag verschönern dürfte. Den Auftakt in der Reihe 'Gruselkabinett' macht "Mrs. Amworth", basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von E.F.Benson(24.07.1867 - 29.02.1940), einem vielseitigen britischen Schriftsteller. Benson war unter anderem als Autor atmosphärischer, manchmal etwas schräger und teilweise humorvoller bzw. satirischer Geistergeschichten bekannt. Diese wurden, wie damals üblich, zunächst in Kurzgeschichten-Publikationen, wie dem "Pearson's Magazine" oder dem "Hutchinson's Magazine" abgedruckt, um dann etwas später in Buchform veröffentlicht zu werden. Die hier zugrundeliegende Geschichte erschien erstmals im Juni 1922 und wurde ein Jahr später für den britischen Band "Visible and Invisible" nachgedruckt.
Hörspielskriptautor Marc Gruppe bleibt bei seiner Adaption nicht nur unglaublich dicht an der Textvorlage, sondern es gelingt ihm außerdem, den unterschwelligen Humor der Geschichte auf das akustische Medium zu übertragen. Natürlich wurden einige kleinere Details bei verschiedenen Beschreibungen weggelassen und andere in Dialoge abwandelt, aber all das dient nur dem flüssigeren Ablauf der Handlung. Gleiches gilt für so geringfügige Abweichungen, wie z.B., daß in Bensons Geschichte Dr. Ross Prof. Urcombe auffordert, ihn zu begleiten, während es bei Gruppe Urcombe ist, der den Doktor darum bittet, mitkommen zu dürfen. Oder die Tatsache, daß bei Benson nur ein Gesicht erscheint, während Gruppe eine komplette Gestalt auftreten lässt. Einen ausgeprägteren Unterschied konnte ich eigentlich nur in der Autounfall-Szene feststellen, denn diese wird bei Benson deutlich brutaler geschildert, als sie akustisch umgesetzt wurde. Wie schon erwähnt, hat dieses Hörspiel durchaus auch seine komischen Momente, und es sind Sätze wie: "Jedes verbliebene Haar hatte sich aufgerichtet.", die dazu beitragen, den "Schrecken" etwas zu relativieren. Trotz einer knapp 71minütigen Laufzeit, kommen keine Längen auf und es bleibt spannend bis zum Schluß, da es sich hier um eine etwas andere Art von Bedrohung handelt, als man es vielleicht zunächst erwartet. Wer die Geschichte vor oder nach dem Genuss des Hörspiels selbst einmal im englischen Original lesen möchte, findet sie im Internet unter http://talesofmytery.blogspot.de/2012/1 ... worth.html.
Bei Produktion und Regie haben sich Stephan Bosenius und Marc Gruppe wieder um größtmögliche Perfektion bemüht. Schon die schöne, leicht melancholisch angehauchte Eröffnungsweise, bei der nur das Klavier zum Einsatz kommt, versetzt den Hörer in die passende Grundstimmung. Darüber hinaus sorgt die Unterlegung jeder einzelnen Szene mit verschiedenen Musikstücken für eine adäquate Betonung der Ereignisse. Besonders deutlich wird das bei der Friedhofssequenz, in der ganz dezent ein Choral erklingt. Passend zum zeitlichen Hintergrund der Schauerromantik, kommen hauptsächlich klassische Instrumente, wie Geige, Harfe oder Blasinstrumente zum Einsatz, während der Synthesizer nur unterstützend Verwendung findet. Obwohl es sich in der bereits erwähnten Friedhofsszene angeboten hätte, ruft diesmal nicht das sonst schon beinahe obligatorische Käuzchen, sondern man hört viel eher das Zwitschern von Vögeln, die gerade erwacht sind. Auch bei den Szenen, die tagsüber spielen, werden die unterschiedlichsten Geräusche benutzt, wie z.B.Vogellaute oder ein in der Ferne bellender Hofhund, und das quietschende Gartentor klingt auch genau wie ein solches. Was die akustischen Effekte angeht, hält man sich hier ein wenig zurück, aber als sich Foster an einen Satz von Mrs Amworth erinnert, wird dieser mit leichtem Hall verfremdet.

Zu den Sprechern:
Ein weiterer Grund, warum mir das Hörspiel so gefällt, sind sicherlich die hervorragenden Leistungen aller beteiligten Sprecher. Da wäre zunächst Sven Dahlem(Emmet Foster), der auch als Erzähler fungiert. Seine etwas raue Stimme eignet sich perfekt, um einen Mann in den besten Jahren darzustellen, der zunächst noch echte Sympathie für Mrs Amworth zeigt, welche sich dann jedoch nach und nach in Grauen verwandelt. Besonders gut gefallen hat mir, daß es ihm gelingt, den empfundenen Schrecken nicht nur zu artikulieren, sondern ihn auch noch kontinuierlich zu steigern. Ihm zur Seite steht der großartige Eckart Dux(Prof. Francis Urcombe) als sein Freund, der von Anfang an ahnt, daß etwas nicht stimmt. Mit seiner brummigen Art und dem absichtlich etwas stotternden Vortrag, sobald er verlegen wird, verleiht Dux seiner Figur einen ganz eigenen Charakter. Gut besetzt finde ich auch Anita Lochner(Mrs. Amworth) als attraktive Dame, die voller Energie und frischem Elan steckt und die beiden älteren Herren damit etwas aus dem Konzept bringt. Umso überraschter ist man dann auch, als sich ihr Ton plötzlich ändert und eine scharfe, unangenehme Note bekommt. In kleineren Rollen treten noch Marius Clarén(Dr. Ross) als perplexer junger Dorfarzt und Jochen Schröder(Major Pearsall) als aufgeregter Ehemann auf.

Fazit:
Ausgezeichnete Adaption der literarischen Vorlage.

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