Rezension: Gruselkabinett - 156 - Krabat

Neongrüne Riesenspinnen jagen Frankensteins Monster durch Draculas Schloß!
Antworten
Benutzeravatar
MonsterAsyl
Administrator
Administrator
Beiträge: 4410
Registriert: Do 29.05.2003, 00:04
Wohnort: Der Schädelberg

Rezension: Gruselkabinett - 156 - Krabat

Beitrag von MonsterAsyl »

Bild

Gruselkabinett - 156 - Krabat

Zum Inhalt:
Da Krabats Eltern in großer Armut leben, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als ihren Sohn betteln zu schicken. Eines Tages kommt er an eine alte Mühle. Der dort wohnende Müller bietet dem Jungen an, ihn im Mühlhandwerk und den schwarzen Künsten auszubilden. Das ist jedoch nur der Beginn von Krabats ungewöhnlichem, aufregendem Leben...

Zur Produktion:
Obwohl die Sage von Krabat schon sehr alt ist, erlangte die Geschichte in Deutschland erst 1971, in Form des berühmten Romans von Otfried Preußler, einen größeren Bekanntheitsgrad.
Das Buch avancierte bereits kurz nach seiner Veröffentlichung zum Bestseller, und so ist es keine Überraschung, daß es bereits ein Jahr später den deutschen und den polnische sowie ein Jahr darauf den niederländischen Jugendbuchpreis erhielt. 1977 nahm sich der berühmte tschechische Trickfilmer Karel Zeman des Themas an und schuf den bis heute bekannten gleichnamigen Film. Es folgten diverse Bühnenadaptionen, bevor 2008 eine Realverfilmung die Leinwand eroberte.
Selbstverständlich finden sich auch schon diverse akustische Adaptionen. 1983 erschien eine dreiteilige Hörbuchfassung, von Preußler selbst gelesen, 1989 produzierte der Deutschlandfunk eine fünfteilige Variante, und im Jahr 2010 folgte die Radiofassung des WDR. All diese Versionen basierten jedoch ausschließlich auf Otfried Preußlers Roman, während Titania Medien das erste Label ist, welches die ursprüngliche Sage als Hörspiel-Grundlage nimmt. Seit der allerersten schriftlichen Erwähnung im Jahre 1839 erfuhr der Inhalt etliche Modifikationen, die zu zahlreich sind, als daß man sie an dieser Stelle aufzählen könnte. Bezüglich des Inhalts vermute ich, daß Skriptautor Marc Gruppe sich hier vor allem an Michael Hornigs Werk „Krabat. Sage aus dem Volksmund“(1958) orientiert und es noch mit Elementen aus andereren Fassungen ergänzt hat. Diese "Erweiterungen" betreffen vor allem den Zeitraum nach den Ereignissen in der Mühle, in dem Krabats weitere Erlebnisse geschildert werden. Vermutlich bin ich nicht der einzige, der bis dahin nur mit Preußlers Werk vertraut gewesen ist, und entsprechend dürften diese Textpassagen auch für viele andere Hörer neu sein.
Wer tiefer in die Materie eintauchen und selbst Nachforschungen anstellen möchte, dem sei die Abhandlung: "Krabat - Aspekte einer sorbischen Sage" aus dem Jahr 2008 empfohlen, welche man im Internet unter https://publishup.uni-potsdam.de/opus4- ... at_iii.pdf findet und umsonst herunterladen kann.
Trotz der bereits weiter oben erwähnten zusätzlichen Einarbeitungen, gelingt es Gruppe, seine Fassung innerhalb von knapp 84 Minuten zu erzählen. Während des Hörspiels kann man den Eindruck gewinnen, es sei quasi in zwei Teile gegliedert, da es während der ersten Hälfte nur um die Zeit in der alten Mühle geht und alles was im Anschluss in Krabats Leben passiert, dann in der zweiten Hälfte gschildert wird. Vermutlich rührt diese Wahrnehmung daher, daß Gruppe den Anfang der Geschichte sehr ausführlich erzählt, während der zweite Teil eher einer konstanten Aneinanderreihung immer neuer Ereignisse gleicht. Dieser kleine "Stilbruch" fällt jedoch nicht weiter ins Gewicht, denn der Ablauf kommt durchaus rasant und abwechslungsreich daher.
Da keine der unterschiedlichen Sagen-Fassungen Dialoge enthält, hatte der Skriptautor hier, auch in Bezug auf die Wortwahl, völlig freie Hand. So ist entsprechend die Inklusion des von Marc Gruppe gelegentlich gern verwendeten Begriffs "selbstmurmelnd" oder die Ausruf-Abfolge: "Nein! Doch! Oooh!", welche jeden Hörer an den unsterblichen Komiker Louis de Funes denken lässt, zu erklären. Stilgerecht findet bei Gruppe der Pakt mit dem Teufel natürlich zur Walpurgisnacht statt, und daß er seine Version mit krächzenden Raben beendet, ist auch nur folgerichtig.
Alles in allem macht es viel Spaß, der flüssig erzählten, spannenden Handlung bis zu ihrem ein wenig traurigen Ende zu folgen. Mir gerade auch deshalb, weil sie sich nicht nur auf die sonst "übliche" Krabat-Geschichte beschränkt!
Für die musikalische Untermalung setzen die beiden Produzenten und Regisseure Stephan Bosenius und Marc Gruppe, passend zum Geschehen, auf vornehmlich düstere, fast bedrohlich wirkenden Melodien. Gleich zu Beginn ertönen dunkle, akustisch wuchtige Klänge, die dann von einer orchestral eingespielten Melodie abgelöst werden. Neben dem Synthesizer, sind es aber vor allem die Streichinstrumente, die beim Hörer einen bleibenden Eindruck hinterlassen, besonders das Geigen-Crescendo und etwas später dann die mit den gleichen Instrumenten dargebotene Kakophonie.
Ebenso abwechslungsreich wie die musikalische Begleitung, fällt auch die eingesetzte Geräuschkulisse aus. Bereits zur Eröffnung ist das schwere Flügelschlagen von Raben zu hören, ein Geräusch, welches auch innerhalb des Hörspiels immer dann zur Anwendung kommt, wenn sich Personen in die schwarzen Vögel verwandeln. Doch das sind bei weitem nicht die einzigen Tiere, die man hier hört!
Von der muhenden Kuh, dem brüllenden Ochsen über meckernde Ziegen, bis hin zu schnatternden Gänsen, ist alles vertreten, was einen Bauernhof ausmacht.
Im Winter heult bzw. pfeift ordentlich der eiskalte Wind, und die Schrittgeräusche sind mit dem zu erwartenden knirschenden Schnee versehen worden.
Besonders gelungen finde ich den Ton der auflodernden Flammen in der Szene, als der böse Zauberer stirbt, da diese eindrucksvoll seine Fahrt ins Fegefeuer illustrieren. Ebenfalls sehr beeindruckend fällt das Schlachtengetümmel mit seinen schreienden Soldaten und den donnernden Kanonenschüssen aus.
Wie man es von Bosenius und Gruppe gewohnt ist, bleiben die Soundeffekte immer im akustischen Hintergrund. So sind die Textpassagen des Meisters mit ein wenig Hall unterlegt, um sie unheimlicher wirken zu lassen, und Krabats Stimme klingt wesentlich tiefer, wenn er als Ochse unterwegs ist. Den Schrei des großen schwarzen Vogels, der Krabat verfolgt, konnte ich nicht einwandfrei identifizieren, aber es könnte sich dabei um einen Greifvogel handeln.

Zu den Sprechern:
Die leicht heiser klingende Stimme, in Kombination mit dem emotionsgeladenen Vortrag von Peter Weis(Erzähler), passt hervorragend zu dem beklemmenden Grundton der Geschichte. Eine sprecherische Glanzleistung liefert auch Hauptdarsteller Tom Raczko(Krabat) in der Rolle der titelgebenden Figur ab. Obwohl er mit 27 Jahren im realen Leben durchaus um etliche Jahre älter ist als sein Part, passt sein jugendlicher Ton sehr gut zu dem armen Jungen, für den das Schicksal so manche Überraschung bereithält. Egal welches Gefühl er gerade transportieren muss, es gelingt Raczko jederzeit, dabei glaubhaft zu wirken. Sein großes Talent kommt vor allem in den letzten Szenen des Hörspiels zum Ausdruck, als er die alte, gebrechliche Version seiner selbst spricht. Eine großartige Leistung für einen so jungen Sprecher. Gerade weil sie sich zurücknimmt, ist Edda Fischers(Krabats Mutter) Portrait von Krabats Mutter geradezu herausragend. Sie intoniert ihren Part mit sympathisch sanfter Stimme und stellt glaubhaft ihre Sorge und den Kummer in Bezug auf ihren Sohn dar. Besonders gut hat mir ihr Spiel in der Szene gefallen, als sie Krabat aus den Fängen des Müllers befreien will. In dieser Sequenz legt sie zwar gekonnt ein leichtes Zittern in ihre Stimme, welches ihre Angst vor dem dunklen Meister zeigt, spricht ihren Text aber gleichzeitig mit einer Entschlossenheit, die die tiefe Mutterliebe ihrer Figur wiederspiegelt. Sascha Wussow(Stiefvater) hat die etwas undankbare Rolle des hartherzigen Vaters, der keine Gelegenheit auslässt, seine ablehnende, teilweise abfällige Haltung gegenüber dem Stiefsohn zum Ausdruck zu bringen. Genauso unsympathisch, wenn auch aus ganz anderen Gründen, kommt Axel Lutter(Meister) als der finstere Müller rüber, der seinen Text mit rauer Stimme und harter Betonung spricht. Sein zutiefst gehässiges Lachen auf der einen und seine listige, bedrohliche Art auf der anderen Seite, würden ihn geradezu wie den Inbegriff des Bösen wirken lassen, wäre diese Rolle nicht bereits durch Marc Gruppe(Teufel) vertreten. Gruppes Stimme ist hier leicht verfremdet und ein wenig voluminöser gemacht worden, um die Fremdartigkeit und Macht seiner Figur zu unterstreichen. Der Auftritt von Regina Lemnitz(Altes Weib) in der Rolle der alten, von Krabats Plänen entsetzen Frau, ist genauso angemessen besetzt wie im Fall von Louis Friedemann Thiele(Jakub/Kaspar), der hier gleich zwei Rollen übernommen hat. Einmal als Jakub, der beste Freund Krabats, der ihm in der Mühle mit Rat und Tat zur Seite steht und einmal als treuer, wenn auch zunächst ungehorsamer Diener Krabats, gegen Ende des Hörspiels. Ebenfalls in Doppelbesetzung treten Matthias Lühn(Händler 1/Gast 1), Marc Gruppe(Händler 2/Gast 2) und Detlef Bierstedt(Händler 3/Gast 3) auf. Zunächst überbieten sie sich gegenseitig bei der Auktion des Ochsen, um sich dann später über Philine Peters-Arnolds(Stallmagd) in dem Part der naiven, verblüfften Bediensteten "Lena" lustigzumachen. Max Schautzer(Wirt) ist der gutmütige Wirt, der sich darüber freut, wenn die Händler gute Geschäfte abschließen, da deren Erfolge auch ihm zugutekommen. Horst Naumann(Schmied) hat einen relativ kurzen Auftritt als verwunderter, vom Ansinnen seines Kunden überraschter Handwerker. Ihm zur Seite steht Sascha von Zambelly(Lehrbube/Soldat) in der Rolle des verängstigten Lehrlings, der Mitleid mit dem Pferd hat. Außerdem ist Zambelly noch als verschüchterter Junge und später als unterwürfiger Armeeangehöriger zu vernehmen. Für den Part einer lieblichen Maid gibt es für mich nach wie vor keine bessere Stimme, als die der unvergleichlichen Reinhilt Schneider(Jungfrau), und wer könnte schon so kompetent einen strikten, leicht überheblichen Küchenchef intonieren, wie Bert Stevens(Hofkoch)? Jean Paul Baeck(August der Starke) ist klasse in seiner Rolle des sächsischen Landesheeren, der über Krabats Streich derart in Wut gerät, daß er zu drastischen Maßnahmen greift. Mindestens ebenso gut gefiel mir auch der legendäre Synchronsprecher Gudo Hoegel(Zeremonienmeister) als aufgeregter Höfling, der seinen Text vor lauter Bestürzung quasi hervorstößt. In weiteren Nebenrollen treten noch Nils Kreutinger(General) als genervter, leicht ratloser Feldherr, Jonas Minthe(Verschwörer) als zu allem entschlossener, skrupelloser Revolutionär, Uli Krohm(Kutscher) als zuvorkommender, perplexer Fuhrwagenlenker sowie Thomas Balou Martin(Gastwirt) als freundlicher und ob seiner neuen Gäste verwirrter Kneipier auf.

Fazit:
Endlich gibt es auch eine "Komplettfassung" der berühmten, düsteren sorbischen Sage.

Das Hörspiel Gruselkabinett - 156 - Krabat
gibt es bei
Amazon.de
oder bei
POP.de
Keeper of the Monsters

Bild
Antworten

Zurück zu „Grusel-Hörspiele“