Rezension: Gruselkabinett - 158 - Das innerste Licht

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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 158 - Das innerste Licht

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Gruselkabinett - 158 - Das innerste Licht

Zum Inhalt:
Eines Abends trifft Mr. Salisbury während eines Spaziergangs zufällig seinen alten Bekannten, den Schriftsteller Mr. Dyson. Dieser erzählt ihm von einem unheimlichen Erlebnis in Harlesden, einem heruntergekommenen Viertel Londons. Neugierig geworden, lädt Mr. Salisbury den Freund zum Essen ein und erfährt eine sehr ungewöhnliche Geschichte...

Zur Produktion:
Mit der Vertonung von "The inmost Light" so der englischsprachige Originaltitel der hier zugrundeliegenden Geschichte, hat das Label Titania nach "Der gewaltige Gott Pan" (Gruselkabinett 144) nun auch die zweite Novelle aus dem Buch "The great God Pan" des britischen Schriftstellers Arthur Machen (03.03.1863 - 15.12.1947) für das Medium Hörspiel adaptiert.
Beeinflußt von den Werken Robert Louis Stevenson (Gruselkabinett 10 - Dr. Jekyll und Mr. Hyde, Gruselkabinett 27 - Der Leichendieb und Gruselkabinett - 72 - Markheim) begann Machen um das Jahr 1890 ebenfalls Geschichten mit phantastischem Inhalt zu veröffentlichen. Aufgrund des Skandals um Oscar Wilde (Gruselkabinett 36 & 37 - Das Bildnis des Dorian Gray und Gruselkabinett 50 - Das Gespenst von Canterville) im Jahr 1895, wurde es für Machen, den man längst ebenfalls mit dekadenten Horrorgeschichten verband, zunehmend schwerer, einen Verleger finden, obwohl seine späteren Erzählungen zu den besten zählen, die er verfasst hat. Als seine über alles geliebte Ehefrau Amy 1899 an einer Krebserkrankung verstarb, war der Schriftsteller tief erschüttert. Erst nach einem Berufswechsel vom Autor zum Schauspieler, im Jahr 1901, erholte er sich langsam wieder. 1903 heiratete er erneut und begann mit der Veröffentlichung seiner bereits früher verfassten Werke.
Ab 1906 beschäftigte er sich mit dem "keltischen Christentum", dem heiligen Gral und König Arthur und verwertete die gewonnenen Erkenntnisse und Ideen in dem Buch "The secret Glory", wo er u.a. die These aufstellte, der Gral würde bis heute existieren. Damit war er Vorreiter und Ideengeber z.B. für Dan Browns "Der Da Vinci Code" oder George Lucas' Film "Indiana Jones und der letzte Kreuzug". Sein bekanntestes Werk ist und bleibt aber der 1907 veröffentlichte Roman "The Hill of Dreams", von dem ich hoffe, daß er ebenfalls noch durch Titania Medien als Hörspiel inszeniert werden wird.
Wer Machens Bücher gelesen hat, weiß, daß sich dieser gern in ausufernden Beschreibungen von Schauplätzen und Personen ergeht, welche dazu führen, daß seine Geschichten ein wenig langatmig wirken. Dies ist wohl auch Titanias Autor Marc Gruppe bei der Erstellung seines Hörspielskripts aufgefallen. Um das Geschehen flüssiger zu gestalten sowie ihm mehr Dynamik zu verleihen, verzichtet er größtenteils konsequent auf diese Schilderungen. Vergleicht man seine Version mit der Orignalgeschichte, auf Englisch zu finden im Internet unter https://archive.org/details/greatgodpanandin00machuoft, fällt einem auf, daß es sich hier eher um eine Nacherzählung, als um eine wörtliche Adaption handelt. Bereits das neu hinzugekommene Intro ist weitaus fulminanter als der ursprüngliche, gemächlichere Beginn der Handlung. Statt sich mit endlosen Nachzeichnungen der Umgebung oder ebenso banalen wie unwichtigen Details zum Hintergrund der Figuren aufzuhalten, beschränkt sich Gruppe auf den Kern der Erzählung. Besonders gelungen finde ich seine Übertragung der geheimnisvollen Botschaft ins Deutsche, bei der er sich am Text des Kinderliedes "Brüderlein, komm tanz mit mir" bedient. Auf diese sehr passende Idee muss man erst mal kommen, ein hier wirklich gelungener Kniff! Ebenfalls gut gefallen haben mir die kleinen "Verbesserungen" am Originaltext, stellvertretend sei hier das von Dr. Black konsumierte Brot genannt, welches der Skriptautor noch mit dem Adjektiv "verschimmelt" erweitert und somit wesentlich effektvoller gestaltet hat, als Machen selbst.
Auch wenn Gruppe im Großen und Ganzen dem ursprünglichen Text treu bleibt, gibt es gerade gegen Ende doch einige bemerkenswerte Unterschiede. Neu sind beispielsweise das Verbrennen des Notizbuches und das Begraben der Asche, zwei weitere sinnvolle und angemessene Ergänzungen der literarischen Vorlage. Etwas unbefriedigend ist für mich die Tatsache, daß es keine nähere Erläuterung des Prozederes gibt, also das Wie und Warum nicht näher erläutert werden. Aber das ist in Machens Novelle leider auch so.
Daß einem das ca. 56 minütige Hörspiel weitaus kürzer vorkommt, ist nicht zuletzt auf die fundierte Inszenierung durch Stephan Bosenius und Marc Gruppe zurückzuführen.
Musikalisch bleibt man ganz in der Zeit des Geschehens und greift hauptsächlich auf Streichinstrumente und das Klavier zurück. Die Melodien sind vor allem getragen und melancholisch gehalten, gegen Ende werden sie dann orchestral. Diese Stimmung unterstreicht ein kurz eingespielter Choral noch zusätzlich. Der Synthesizer kommt vor allem für die langgezogenen, immer wieder anschwellenden düsteren Sounds zum Einsatz. Wie gewohnt, ist die Geräuschkulisse äusserst dicht. Neben dem schon fast obligatorischen Kaminfeuer, den krächzenden Raben und der tickenden Standuhr, sind unter anderem auch noch das Quietschen des Scharniers der Box, das Knistern von Papier und das Summen der elektrischen Geräte im Labor zu hören.
Besonders beeindruckt haben mich auch die seltsamen Töne, bei denen ich unwillkürlich an den Horrschocker "Tanz der Teufel" denken musste.
Der Gebrauch von Effekten beschränkt sich auf dezent eingesetzten Hall, welcher zum Beispiel im Haus von Dyson zu hören ist, und die Überblendung von Stimmen, die unter anderem bei der Verlesung des Notizbuches zur Anwendung kommt.

Zu den Sprechern:
Claus Thull-Emden(Mr. Salisbury) ist hier nicht nur als agierende Figur, sondern auch als Erzähler zu vernehmen. In beiden Funktionen kann er jederzeit überzeugen, und seine prägnante Stimme bleibt einem noch lange im Ohr. Ebenso tadellos ist auch die Darbietung von Patrick Mölleken(Mr. Dyson), der in diesem Hörspiel den Löwenanteil des Textes hat. Perfekt, wie er den Autor, der alles daran setzt, dem grausigen Geheimnis auf den Grund zu gehen, darstellt. Sprecherisches Highlight ist für mich allerdings Christoph Jablonka(Dr. Steven Black) als fanatischer, absolut skrupelloser Mediziner, der anfangs ruppig und mit entschlossenem Ton auftritt, während er gegen Ende nur noch schwach und gebrochen erscheint. Die wohlklingende Stimme von Claudia Urbschat-Mingues(Agnes Black) passt optimal zu der liebenden Ehefrau, die ihrem Gatten vollkommen vertraut. Der Kontrast in der Art und Weise, wie sie ihre Figur zu Beginn und am Ende spielt, könnte nicht größer sein und unterstreicht eindrucksvoll ihre sprecherische Wandlungsfähigkeit. Marc Gruppe(Leichenbeschauer) hat nur einen relativ kurzen, aber vollauf befriedigenden Part als streng wirkender Rechtsmediziner, während der Auftritt von Tom Raczko(Dr. Hall) groß genug ist, um sein Können als durch seine unorthodoxen Ansichten leicht verlegener Gehirnchirurg voll auszuspielen.
Axel Lutter(Gemischtwarenhändler) macht viel Spaß in der Rolle des leutseligen Kaufmanns, genau wie Philine Peters-Arnolds(Vermieterin) als leicht proletenhaft wirkende Hauswirtin, die ihre Figur mit Berliner Dialekt spricht. Matthias Lühn(Sam) und Edda Fischer(Betty) agieren als streitendes Paar aus der Arbeiterklasse, und Bert Stevens(Travers) kommt als freundlicher Ladeninhaber, den Dysons rabiates Verhalten einschüchtert, zu Wort. In weiteren Nebenrollen sind Ursula Wüsthof(Klatschweib) und Carmen Schulte(Klatschweib) als bösartige Tratschtanten zu hören.
Die Sprecher des irritierten Kneipengastes und des beflissenen Kellners bleiben im Booklet ungenannt.

Fazit:
Durchaus faszinierende Geschichte, deren Clou teilweise aber durch das Cover ein wenig vorweggenommen wird.

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Keeper of the Monsters

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