Rezension: Gruselkabinett - 181 - Das gefährlichste Spiel der Welt

Neongrüne Riesenspinnen jagen Frankensteins Monster durch Draculas Schloß!
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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 181 - Das gefährlichste Spiel der Welt

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Gruselkabinett - 181 - Das gefährlichste Spiel der Welt

Zum Inhalt:
Auf der Schiffsreise zum Amazonas, wo er plant, Jaguare zu schießen, fällt der Großwildjäger Sanger Rainsford über Bord. Zu seinem Glück befindet er sich in der Nähe einer Insel, die unter Seeleuten allerdings als "Schiffsfalle" bekannt ist. Zwar kann sich Rainsford dorthin retten, doch muss er schnell feststellen, daß die Insel tatsächlich ein grauenhaftes Geheimnis birgt...

Zur Produktion:
"The most dangerous game", so der englischsprachige Originaltitel der hier zu Grunde liegenden Kurzgeschichte, erschien erstmals am 19.01.1924 im Magazin "Collier's" und ist wohl die bekannteste Geschichte aus der Feder des amerikanischen Autors und Journalisten Richard Edward Connell Jr. (17.10.1893 - 22.11.1949). Connell zählte zu den bekanntesten Schriftstellern seiner Zeit, und seine Werke wurden, neben dem "Collier's", auch in der "Saturday Evening Post" veröffentlicht. Darüber hinaus war er als Drehbuchautor tätig, und seine Kurzgeschichte "A Reputation"(1922) diente als Vorlage für das Drehbuch von "Hier ist John Doe", welches 1942 für einen Oscar nominiert war. Während des ersten Weltkriegs arbeitete er für die amerikanischen Streitkräfte in Frankreich als Herausgeber der Lagerzeitschrift. Wieder in den Vereinigten Staaten, verfasste er bis zu seinem Tod noch über 300 weitere Kurzgeschichten.
Doch zurück zu "The most dangerous game". Die Geschichte wurde insgesamt 21mal mehr oder weniger werkgetreu verfilmt, zuletzt als "The Menue" (2022) und auch schon viermal für das amerikanische Radio vertont, davon dreimal für CBS. Zwei Adaptionen gab es in der Reihe "Suspense", 1943 mit Orson Welles als Zaroff und 1945 mit J. Carrol Naish in dieser Rolle. 1947 erfolgte eine weitere Vertonung in der Reihe "Escape". 1949 gab es dann in der Reihe "Tales of Fatima" noch eine weitere Version, diesmal mit Basil Rathbone and Rex Harrison in den Hauptrollen. Doch damit nicht genug. Die Geschichte wurde außerdem bei unzähligen TV-Serien und Comics immer wieder, wenn auch meist in abgewandelter Form, als Grundlage herangezogen. Obwohl die Geschichte weltweit bekannt ist, dauerte es etliche Jahre, bevor auch das deutsche Publikum in ihren Genuss kam. 1974 erschien diese Kurzgeschichte unter dem Titel "Die Großwildjagd des Generals" in dem Sammelband "17 Horror-Stories" im Heyne Verlag, und die Erstverfilmung aus dem Jahr 1932 feierte am 06.08.1976 unter dem Titel "Graf Zaroff - Genie des Bösen" im Verleih von "Jugendfilm" im deutschen Kino seine Premiere. Übrigens hatte die Geschichte auch Auswirkungen auf das reale Leben. So bezieht sich der berüchtigte "Zodiac Killer" in einem seiner Briefe auf sie, und die Entwicklung des Spiels "Paintball" ist ebenfalls darauf zurückzuführen.
Die vorangegangenen Anmerkungen bringen mich zum einzigen größeren Kritikpunkt an der Hörspieladaption von Titania Medien, nämlich dem Titel.
Hier geht es mitnichten um ein "Spiel", was jeder bestätigen wird, der das Hörspiel gehört hat, sondern um etwas ganz anderes. Das englische Wort "Game" kann man eben nicht nur mit "Spiel" übersetzen, sondern auch mit "Wild", und genau das ist hier gemeint. Ich weiß natürlich nicht, ob Skriptautor Marc Gruppe absichtlich diese Übersetzung gewählt hat, um nicht zu viel zu verraten, aber mich stört die Wortwahl in jedem Fall, da sie dem Inhalt einfach nicht gerecht wird. Wer die Kurzgeschichte im englischen Original gelesen hat, dem wird auffallen, daß Gruppe hier die kurzen aber prägnanten Einzelwörter in komplette Sätze umgewandelt hat. So wird beispielsweise aus dem Stichwort "Kannibalen?" mit "Wird die Insel etwa von Kannibalen bevölkert?" ein ganzer Satz. Das klingt natürlich gefälliger, reduziert aber meiner Meinung nach auch ein wenig die "Kernigkeit" des Großwildjägers Rainsford, der sich eigentlich mit so wenigen Worten wie möglich artikuliert. Ebenfalls geändert hat sich die Erzählperspektive, denn ursprünglich wird die Geschichte aus der dritten Person Singular erzählt, nicht, wie hier, aus der ersten. Letzteres macht es dem Hörer natürlich leichter, sich mit der Hauptfigur zu identifizieren. Selbstverständlich hat Gruppe auch darauf geachtet, sämtliche in Connells Geschichte vorhandene rassistischen Elemente zu tilgen, wie die Erwähnung, daß Zaroff in seinen Augen "menschlichen Abschaum" (explizit werden Chinesen, Schwarze, etc. genannt) als Opfer auserkoren hat. Außerdem fehlt der Vergleich mit der Schnupftabakdose in der Limousine, welcher aber für den Ablauf der Geschichte unerheblich ist. Im Gegenzug kommen ein paar Elemente bzw. Sätze neu hinzu. So ist hier unter anderem von "der großen Revolution" die Rede, der Titel "das gefährlichste Spiel der Welt" wird erwähnt, und das kleinste Kaliber präzisiert der Skriptautor mit Kaliber .22. Wirklich auffällig sind aber zwei andere Änderungen. Während die Hunde bei Connell eigentümlicherweise stumm bleiben, bellen sie hier wütend. Damit geht zwar ein kleines unheimliches Element verloren, aber anders wäre es in einem Hörspiel nicht darstellbar gewesen, und man hätte auf eine reine Beschreibung zurückgreifen müssen. Seltsamerweise lässt Marc Gruppe das große Finale im Speisesaal und nicht, wie in der Kurzgeschichte, im Schlafzimmer spielen. Warum das so gemacht wurde, darüber lässt sich nur spekulieren, und für die Handlung ist es auch beinahe nebensächlich, wenn es nicht darum ginge, wer hinterher in dem großen Bett schlafen wird. Das Ende ist ebenfalls ein wenig erweitert worden, allerdings nur um einige Sätze, welche den ursprünglich doch sehr abrupten Schluß etwas gefälliger wirken lassen. Davon abgesehen bleibt Gruppe wie gewohnt dicht an der literarischen Vorlage, und die Handlung ist so spannend, daß die Laufzeit von ca. 73 Minuten förmlich am Ohr des Hörers vorbeifliegt.
Neben der ausgezeichneten Adaption der literarischen Vorlage, ist es die ebenso gelungene Produktion und Regie durch Stephan Bosenius und Marc Gruppe, welche die Titania Medien Hörspiele so hörenswert machen. Allein die Bandbreite der eingesetzen Instrumente ist schon beeindruckend. Neben Klavier, Geige und diversen Blasinstrumenten wie Flöte und Oboe, werden auch noch Bassseiten gezupft, und für die düsteren Klänge verwendet man den Synthesizer.
Neben den erwähnten dunklen, bedrohlich wirkenden Synthesizersounds, werden abwechselnd mal harmonische, mal düstere, mal treibende und sich stetig steigernde Melodien eingespielt, um das Geschehen adäquat zu untermalen. Außerdem sind noch diverse "Horrorsounds" zu hören. Akustisches Highlight ist einmal mehr die überaus gelungene Geräuschkulisse. Schon in der Eingangssequenz kommt eine Art Schiffsnebelhorn zu Gehör, dazu gesellen sich eine quietschende Kabinentür, ein rhythmisch stampfender Schiffsmotor, schreiende Möwen und sich am Bug der Yacht brechende Wellen. Auf der Insel laufen diese sanft an den Strand, während der Dschungel erfüllt ist von exotischen Vögeln, Tieren und auch Hundegebell. Letzteres konnte mich leider nicht zur Gänze überzeugen, da eindeutig auch kleinere und nicht nur die erwähnten großen Jagdhunde herauszuhören waren. Abends zirpen die Zikaden, und im Sumpfgebiet summen wahre Horden von Mücken.
Gut gefallen hat mir auch der schwere Türklopfer, die Schritte in der Halle der Festung, das leise prasselnde Kaminfeuer im Speisesaal und das beim Öffnen quietschende Fenster. Am meisten haben es mir die kleinen, unauffälligen Töne angetan, wie das Entzünden des Streichholzes, um die Zigarette anzumachen, das Eingießen des Portweins oder das Kratzen der Schreibfeder auf dem Papier. In diesem Hörspiel kommen auch ein paar Effekte mehr zum Einsatz als sonst meist üblich. In der Eingangshalle und im Speisesaal sind die Stimmen mit Hall unterlegt, um die Dimension der Räume angemessen darzustellen, und als sich Zaroff von seinem Gesprächspartner entfernt, wird seine Stimme entsprechend immer leiser. Sehr gelungen finde ich auch die Dschungelsounds, die innerhalb der Festung nur ganz leise im Hintergrund zu vernehmen sind, um dann beim Öffnen des Fensters in voller Bandbreite zu Gehör zu kommen.

Zu den Sprechern:
Pascal Breuer(Sanger Rainsford) ist nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch als Erzähler im Einsatz und erfüllt beide Funktionen mit absoluter Perfektion. Zunächst amüsieren ihn die Erzählungen über die Insel, und er macht sich auch über den besorgten Kapitän lustig. Aber sobald er selbst auf dem unheimlichen Eiland ist, schwindet seine Überheblichkeit hörbar. Seine hervorragende Darstellung des Großwildjägers, der erst entrüstet und dann entsetzt reagiert, als er das Geheimnis des Generals erfährt, trägt wesentlich zum steten Spannungsaufbau bei. Glenn Goltz(Whitney) überzeugt als sein Jagdfreund, der Rainsford bewundert und genau wie dieser die Sorgen des Kapitäns belächelt. Die leicht heiser klingende Stimme von Peter Weis(Kapitän Nielsen) passt perfekt zu dem alten bedrückten Seebären, den die Nähe zu der Insel mehr als ängstigt. Obwohl er nur grunzt und grummelt, gelingt es Thomas Balou Martin(Iwan), als taubstummer Diener einen bleibenden Eindruck beim Hörer zu hinterlassen. Sprecherisches Highlight ist für mich aber Torsten Münchow(General Zaroff) in der Rolle des undurchsichtigen Inselherrschers. Er tritt zunächst überaus höflich, ja geradezu distinguiert auf und unterhält seinen Gast im lockeren Plauderton. Erst als es ernst wird, zeigt er sein wahres Gesicht, und seine Verärgerung ist ebenso beeindruckend wie seine Begeisterung für die Jagd.

Fazit:
Diesmal kommt das Grauen nicht von einem übernatürlichen Wesen oder Monster, sondern von menschlicher Seite.

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