
Sherlock Holmes - 68 - Blutiger Schnee in Bloomsbury Hill
Zum Inhalt:
Mrs. Hudson schwebt in größter Sorge. Ihre Cousine Margery Mapleton, die kürzlich eine Stelle bei einem Archäologieprofessor in Bloomsbury Hill angetreten hat, ist urplötzlich verschwunden. Doch nicht nur von ihr, auch von ihrem Dienstherrn fehlt seitdem jede Spur, wobei diesem scheinbar kurz zuvor auch noch ein Unglück widerfahren ist. Eher widerwillig macht sich Sherlock Holmes, in Begleitung seines Freundes und Chronisten Dr. Watson, auf den Weg durch das winterliche England. Am Ziel angekommen, entdeckt der Meisterdetektiv, daß hinter dem mysteriösen Verschwinden der beiden ein sehr bedrohliches Geheimnis steckt...
Zur Produktion:
Nach Sherlock Holmes 63, 64, 65 und 66 ist dies bereits das 5. Mal, daß ein Roman aus der Serie "Aus den Geheimakten des Weltdetektivs" bzw. "Der Weltdetektiv" als Ausgangspunkt für einen Sherlock Holmes-Fall von Titania Medien dient. Da man keine textgenaue Vertonung vorgenommen, sondern die schriftliche Vorlage aus den 1910er Jahren lediglich als Inspiration gedient hat, erübrigt sich ein Vergleich von Hörspielskript und Romanheft. Wie bereits in der Inhaltsangabe geschrieben, handelt diese Geschichte nicht nur von der Suche nach den beiden Vermissten, sondern beleuchtet vielmehr die Hintergründe für deren Verschwinden. Selbige werde ich hier natürlich nicht darlegen, um dem Hörer die Spannung zu erhalten, auch wenn Titnia Medien selbst auf dem Klappentext bereits mehr Preis gibt, als es nötig bzw. sinnvoll wäre.
Für das ca. 99 Minuten lange Hörspiel benötigte man 2 CDs, welche die Handlung folgendermaßen aufteilen: die erste CD beinhaltet den Auftrag, nach den Vermissten zu suchen und die daraus resultierenden Ermittlungen am Tatort, sowie die Gespräche mit Zeugen und möglichen Verdächtigen. Auf der zweiten CD verdichten sich dann die Hinweise, bis es zu einem schon fast dramatisch zu nennenden Finale kommt. Apropos Finale: während bei einer sehr bekannten Jugendhörspielserie jeweils am Folgenende alle Protagonisten noch einmal herzhaft lachen, gibt es hier stattdessen ein "Gruppenhusten", das mich köstlich amüsiert hat. Wie der Titel schon vermuten lässt, handelt es sich um ein Abenteuer, das im Winter spielt, also passend zur jetzt anstehenden Jahreszeit. Mir hat die Geschichte recht gut gefallen, auch wenn ich der Meinung bin, daß man sie stellenweise durchaus hätte straffen können.
Produktionstechnisch ziehen Stephan Bosenius und Marc Grupe wieder alle Register, um ihren Fans ein eindrucksvolles Gesamterlebnis zu bieten.
Um die Handlung auch akustisch ins Viktorianische Zeitalter zu versetzen, greifen beide auf Instrumente zurück, die damals üblich waren, also Klavier, Geige, Oboe, Trompete, Harfe und Xylophon. Eine Ausnahme bildet der Synthesizer, der vor allem für düstere Töne und pulsierende Sounds eingesetzt wird. Neben der bekannten Titelmusik, hört man diverse Streichermelodien, teilweise unterstützt von Oboe oder Harfe. Am besten gefallen mir persönlich jedoch die Klavierstücke, die mal beklemmend, mal heiter klingen, je nachdem, was die Szene verlangt. Manchmal reichen aber auch ein paar angeschlagene Tasten aus, um dem Hörer ein Gefühl von Bedrohung zu vermitteln. Ebenso brillant wie die Musik, fällt auch die Geräuschuntermalung aus. In der Bakerstreet heult der Wind durch die Ritzen, es wird mit der Zeitung geraschelt, mit dem Teegeschirr geklappert, selbtsverständlich ist auch das Absetzen der Tasse auf der Untertasse zu vernehmen, und beim Aufstehen werden die Stühle hörbar gerückt. In der Umgebung des Tatorts jaulen und bellen die Hunde, und die Tür zum örtlichen Pub quietscht und knarrt. Im Kavaliershaus kann man die Schritte auf den Dielen hören, eine Wanduhr tickt bedächtig, und im Kamin prasselt ein wärmendes Feuer. Akustisches Highlight sind für mich mal wieder die vielen kleinen Töne, die das Ganze perfekt komplettieren. Dazu zählen unter anderem die absolut realistischen Schritte auf dem knirschenden Schnee oder das klimpernde Armband von Maria. Auf Effekte wird beinahe komplett verzichtet. Lediglich die aufgeregten Stimmen hinter der geschlossenen Holztür werden adäquat gedämpft und sind dementsprechend schwerer verständlich.
Zu den Sprechern:
In dieser Folge zeigt Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes), wieviel Humor der Meisterdetektiv doch haben kann. Er ist ironisch, amüsiert sich über seine Zeitgenossen und vergibt Watsons Zimmer ausgerechnet an Lestrade, obwohl er weiß, daß sein Freund diesen nicht sonderlich schätzt. Natürlich kommt auch der Inspektor selbst nicht ungeschoren davon, denn einmal mehr macht Holmes ihm deutlich, wie wenig er von seiner Polizeiarbeit hält. Es ist an Detlef Bierstedt(Dr. Watson), der wie üblich als Erzähler fungiert und das Intro spricht, immer wieder die Wogen zu glätten. So tadelt er Holmes beispielsweise auch wegen seines Umgangs mit Mrs. Hudson, nimmt aber selbst jede sich bietende Gelegenheit wahr, ein bisschen gegen Lestrade zu sticheln. Die Szenen, in denen er vor Kälte zittert, und davon gibt es einige, spielt Bierstedt so gekonnt, daß der Hörer regelrecht Mitleid mit ihm bekommt. Ebenso überzeugend agiert auch Regina Lemnitz(Mrs. Hudson) als Hauswirtin, die sich trotz ihrer Verzweiflung überwinden muss, Sherlock Holmes um Hilfe zu bitten. In dieser Folge hat sie sehr nah am Wasser gebaut und spricht ein wenig weinerlich, um dann ihre Kusine nur umso nachdrücklicher gegen den Meisterdetektiv zu verteidigen.
Lutz Reichert(Inspektor Lestrade) macht wieder viel Spaß als Polizeibeamter, der zwar zunächst so tut, als wäre er über Holmes' Auftauchen verärgert, insgeheim aber froh ist, seine Unterstützung zu haben. Wie gewohnt tappt er in eine vollkommen falsche Richtung und sieht sich am Ende gezwungen, Holmes einmal mehr zu seinem Ermittlungserfolg zu gratulieren. Mrs. Hudsons leicht überdrehte Cousine (Margery Mapleton), gesprochen von Philine Peters-Arnolds, hat hier zwar nur einen relativ kurzen Auftritt, doch ihre Präsenz ist trotzdem so mächtig, daß der Hörer automatisch glaubt, sie wesentlich mehr gehört zu haben, als es tatsächlich der Fall war. Es wirkt schon etwas skurril, aber doch amüsant, wie sie Holmes bei ihrer Befreiung umgehend beleidigt, sich aber dennoch vollkommen auf ihn als Retter verlassen hat, während sie stattdessen den herzensguten Dr. Watson mit Komplimenten überschüttet. Daß sie eine eher oberflächliche Person ist, merkt der Hörer auch daran, wie sie sich von Äußerlichkeiten komplett täuschen lässt. So beharrt sie trotz der erdrückenden Beweislast darauf, der Täter sei und bleibe wegen seiner Herkunft und seines Aussehens für sie unschuldig. Die raue Stimme von Bodo Primus(William Parker) passt perfekt zu seiner Rolle des "Red Lion"-Wirtes, der überrascht ist, bei diesem Winterwetter gleich mehrere Gäste zu bekommen, sie aber freundlich und jovial aufnimmt. Herausragend ist auch Valentin Stroh(Charles Rossiter) als Assistent des verschwunden Professors, den die Angelegenheit hörbar verwirrt und der Holmes nur widerwillig Zugang zu dem von der Polizei abgeschlossenen Raum gewährt. Rolf Berg(Frederic Thornton) meistert seine Rolle als zuvorkommender bester Freund des Verschwundenen mit genau der richtigen Portion Vornehmheit in der Stimme. Glenn Goltz(Jonathan Fulford) macht eine guten Eindruck als aufgebrachter Reporter der Times, der hocherfreut ist, Holmes und Watson kennenzulernen. Bert Stevens(Stadtvorsteher Dawson) agiert souverän als freundliches, hilfsbereites und auf Grund der Ereignisse äußerst verwirrtes Ratsmitglied, das zur Eile drängt. Außerdem kommen noch Marie Bierstedt(Maria Mancuso), die ihren Part der herrischen Frau mit harter Stimme spricht, sowie Tim Kreuer(Beppo), Marc Gruppe(Pedro) und Leon Reichert(Vincenzo) als ihre sich untereinander kabbelnden Diener zu Gehör. Genau wie Marie Bierstedt tragen auch sie ihren Text mit italienischem Akzent vor. In einer weiteren Nebenrolle spielt Benedikt Weber den distinguierten Butler, der Holmes und Watson ablehnend gegenübersteht.
Fazit:
Unterhaltsamer Krimi, der sich perfekt für lange Winterabende eignet.
Das Hörspiel Sherlock Holmes - 68 - Blutiger Schnee in Bloomsbury Hill gibt es bei
Amazon.de
oder bei
POP.de

