Rezension: Sherlock Holmes - 20 - Der adlige Junggeselle

Sherlock Holmes, Jerry Cotton - Kommissare und Detektive ermitteln Psychopaten im Ohr.
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MonsterAsyl
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Rezension: Sherlock Holmes - 20 - Der adlige Junggeselle

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Sherlock Holmes - 20 - Der adlige Junggeselle

Zum Inhalt:
Da Sherlock Holmes Zeitungsklatsch ignoriert, hat er auch nichts von der ausführlichen Berichterstattung zur Hochzeit des Lord Robert Saint Simon mit der reichen Amerikanerin Hatty Doran mitbekommen. Dementsprechend überascht ist er von einem Brief, in dem der Lord ihn deswegen um Hilfe bittet. Solche "Beziehungsprobleme" sind eigentlich unter der Würde des Meisterdetektivs, pflegen sie ihn doch nur zu langweilen, dieser Fall weckt dann aber doch sein Interesse.

Zur Produktion:
"Der adlige Junggeselle", den Titania hier als Hörspieladaption präsentiert, ist bereits Nummer 10 des insgesamt zwölf Erzählungen umfassenden Bandes "Die Abenteuer des Sherlock Holmes". Die im April 1892 im englischen "Strand Magazine" erstmals veröffentlichte Kurzgeschichte beinhaltet einen Fall, den Sherlock Holmes mehr oder weniger komplett gelöst hat, noch bevor er überhaupt das Haus verlässt. Wir, die Hörer, sind nur leider nicht ganz so genial, und genau wie Dr. Watson müssen wir uns schon bis zum Ende gedulden, um alle Gedankengänge des Meisterdetektivs nachvollziehen zu können. Dementsprechend gespannt verfolgt man die knapp 64minütige Handlung, obwohl der Fall an sich tatsächlich eher unspektakulär ist. Die Skriptadaption von Marc Gruppe hält sich dicht an Sir Arthur Conan Doyles literarischer Vorlage, doch wie bereits bei den vorangegangenen Folgen, gibt es hier und da leichte Modifikationen.
Dialoge sind etwas abgewandelt worden, so fehlen beispielsweise einige für die Handlung unwichtige Details aus Saint Simons Biographie, und an verschiedenen Stellen wurden Kleinigkeiten geändert, wie etwa Holmes' Wunsch nach einem einem Whisky mit Soda, in einen doppelten Brandy. Wer die Kurzgeschichte kennt, dem wird allerdings auffallen, daß Mrs. Hudson im Hörspiel gleich mehrere Auftritte hat, während sie in Doyles Version nicht einmal erwähnt wird. Auch wenn sie keine Hauptrolle spielt, nutzt Marc Gruppe einmal mehr die Gelegenheit, ihren Part auszubauen. Im Verlauf des Geschehens bestellt Holmes Essen bei einem Restaurant und lässt dieses in die Bakerstreet liefern. Verständlicherweise kränkt solch ein Verhalten die Haushälterin, und so muss Dr. Watson am Schluss wieder einmal die Wogen der Erregung glätten. Obwohl diese Szenen vollkommen neu sind, fügen sie sich nicht nur erstaunlich gut in den Ablauf ein, sondern bieten auch die Gelegenheit zu einem versöhnlichen Abschluss, der auf amüsante Weise den menschlichen Schwächen des Meisterdetektivs huldigt.
Mit Hilfe des Internets kann jeder, der möchte, eigene Vergleiche anstellen und das Hörspiel Doyles englischem Originaltext gegenüberstellen, zu finden unter https://en.wikisource.org/wiki/The_Adve ... e_Bachelor.
Aufgrund der Tatsache, daß die Handlung ausschließlich in der Bakerstreet spielt, ist auch der Bedarf an Geräusch-Unterstützung eher gering. So beschränken sich die Produzenten Stephan Bosenius und Marc Gruppe auf den knisternden Kamin, das Klappern von Geschirr und andere stimmige Töne, um die Szenen lebendiger zu gestalten. Auch die Musik wird eher sparsam eingesetzt. Abgesehen von der Titelmelodie, erklingen nur wenige kurze Zwischenharmonien sowie noch ein längeres Klavierstück am Ende. Alles in allem ergibt dies eine überzeugende Mischung, die adäquat zum Kammerspielcharakter der Geschichte passt.
Übrigens findet man hier zum ersten Mal einen Hinweis im Booklet, daß es sich bei dem Hörspiel um eine fiktive Geschichte mit frei erfundenen Personen handelt. Ich weiß nicht, ob das ein tatsächlich notwendiges Statement ist, denn auch wenn die Welt einen Sherlock Holmes sicherlich gut gebrauchen könnte, glaube ich doch kaum, daß heutzutage noch jemand auf die Idee käme, die Ereignisse um seine Figur seien real.

Zu den Sprechern:
Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes) hat mir besonders gut gefallen, da er, neben der glaubwürdig gespielten Überheblichkeit gegenüber Dr. Watson und vor allem Inspektor Lestrade, diesmal auch andere Emotionen darstellen darf. So stottert er geradezu rührend unsicher herum, als er sich bemüht, eine Formulierung zu finden, die seinen Freund nicht zu sehr beleidigt, und spielerischer Höhepunkt ist für mich eindeutig die Schlußszene, bei der er aus seinem Missmut kein Hehl macht. Auch Detlef Bierstedt(Dr. Watson) bleibt zwar, wie bei Doyle so oft, im Großen und Ganzen auf den bewundernden Zuhörer reduziert, darf aber in besagter Abschlußszene auch einen durchaus scharfen Ton gegenüber dem Detektiv anschlagen. Mit seiner detaillierten "Übersetzung" von Holmes' übellaunigen "Grunzern", bildet er außerdem das komödiantische Highlight des Hörspiels. Regina Lemnitz(Mrs. Hudson) gibt die Rolle der Haushälterin erneut mit viel Gusto. Es macht schon Spaß, wenn sie beispielsweise Holmes geradezu maniriert anflötet, nur weil ein Lord im Haus ist. Und als sie wegen des Essens zu weinen anfängt, fühlt der Hörer das gleiche Mitleid mit ihr, wie der arme Dr. Watson, der die Situation wieder einmal ausbaden muss. Simon Jäger(Robert Saint Simon) ist ausgezeichnet als kühl agierender britischer Gentleman, der sich aufgrund seines Standes für etwas Besseres hält, und Lutz Reichert(Inspektor Lestrade) spricht den von sich überzeugten, aber dennoch unfähigen Polizeibeamten mit rauer, fast schnarrender Stimme. Bodo Wolf(Lieferbote) hat nur einen kurzen Auftritt als freundlicher Essensbringer, genau wie David Nathan(Francis Hay Moulton) als kleinlauter Ehemann und Uschi Hugo(Hatty Doran) als verständnisvolle Ehefrau, welche die Entwicklung der Ereignisse bedauert.

Fazit:
Schöne Umsetzung der Kurzgeschichte, die, dank der zusätzlichen Szenen, auch für Holmes-Kenner etwas Neues bietet.

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