Rezension: Sherlock Holmes - 37 - Der verschwundene Kutscher

Sherlock Holmes, Jerry Cotton - Kommissare und Detektive ermitteln Psychopaten im Ohr.
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MonsterAsyl
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Rezension: Sherlock Holmes - 37 - Der verschwundene Kutscher

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Sherlock Holmes - 37 - Der verschwundene Kutscher

Zum Inhalt:
Der Kutscher des Duke of Dorset ist spurlos verschwunden, und da der Adlige ein alter Schulfreund von Sherlock Holmes ist, bittet er den Meisterdetektiv, diesbezüglich zu ermitteln.
Doch die Zeit drängt, denn hoher Besuch aus Russland hat sich angekündigt...

Zur Produktion:
Bei der vorliegenden Folge handelt es sich bereits um die dritte Vertonung (nach 34 - "Die quietschende Tür" & 36 - "Das unheimliche Pfarrhaus") einer von Herman Cyril McNeile(28.09.1888-14.08.1937) im Jahr 1933 verfassten Geschichte mit dem Detektiv Ronald Standish. Der zu seiner Zeit sehr bekannte Autor war extrem produktiv. Jeden Morgen schrieb McNeile ohne Unterbrechung um die 1000 Wörter, und erst nach Vollendung eines Werkes machte er sich an dessen Überarbeitung.
Da seine Geschichten in der damaligen Gegenwart, also den 1930er Jahren, angesiedelt sind, musste der Hörspielskriptautor Marc Gruppe die literarische Vorlage ein wenig bearbeiten, um sie in die viktorianische Ära und damit in die Zeit von Sherlock Holmes zu übertragen. Vom Ablauf her hält er sich, mit wenigen, vernachlässigbaren Ausnahmen (beispielsweise erfährt der Hörer hier früher als der Leser, mit welcher "Farbe" der Brief geschrieben ist) sehr eng an McNeiles Werk. Auffällige Unterschiede gibt es erst gegen Ende der Geschichte, bei der es im Original um ein Automobil geht, welches Gruppe zu einer mehrspännigen Kutsche umschreiben musste. Dementsprechend wird hier, statt nach dem Nummernschild, nach dem Aussehen der Kutsche und des Gespanns gefragt, und aus der Autowerkstatt "Harvey Petrol" wird "Harvey der Schmied". Abgesehen von der Tatsache, daß einige Monologe in hörspieltaugliche Dialoge verwandelt und aus dem Großfürsten "Sergius" der heute eher bekannte "Sergej" wurde, hat der Skriptautor auch inhaltlich so gut wie keine Veränderungen vorgenommen. Einzige Ausnahme: Als es um die "Belohnung" für die Unterbrechung der Fahrt geht, beteuert der Beschuldigte, nichts dafür verlangt oder bekommen zu haben, während Gruppe geschickt impliziert, daß die Gegenleistung eine "Liebesnacht" gewesen sei. Das ist nicht nur wahrscheinlicher, sondern auch weitaus glaubwürdiger, als bei McNeile. Noch eine kleine Anmerkung zum Spitznamen des Dukes: Im englischen Original lautet dieser "Catface", was Gruppe mit "Katzenfresse" übersetzt hat. Das wirkt zunächst ziemlich derb, aber wenn man berücksichtigt, daß es ein von Jungen vergebener Spitzname ist, passt er, meiner Meinung nach, wieder. Davon abgesehen findet sich dieser "Beiname" auch nur zu Beginn des Hörspiels, während er bei McNeile geradezu inflationär eingesetzt wird. "The Missing Chauffeur", so der englischsprachige Orignaltitel, ist Teil des Buchs "Ronald Standish" und kann im Internet unter http://gutenberg.net.au/ebooks06/0607761.txt nachgelesen werden.
Mit der vorliegenden Folge beschreiten Stephan Bosenius und Marc Gruppe insofern neue Wege, als daß sie hier darauf verzichten, jede Szene mit Musik zu unterlegen. Stattdessen gibt es, neben der inzwischen längst wohlbekannten Titelmelodie, deren Instrumentalversion zum Abschluß noch einmal ertönt, nur wenige, kurz gehaltene Stücke, die jeweils zum Übergang in die nächste Szene eingespielt werden. Besonders im Gedächtnis bleiben die wohlklingende, sanfte Melodie, welche mit Geigen und Harfe intoniert wird sowie das düster und bedrohlich wirkende Stück gegen Ende, bei dem Synthesizer und Oboe vorherrschen. Auch die eingesetzten Geräusche klingen teilweise ein wenig anders als sonst. Mir sind vor allem das "neue" Vogelgezwitscher und das sehr viel dezentere prasselnde Kaminfeuer aufgefallen, aber auch das Blätterrauschen im Wind kam mir unbekannt vor. Akustisches Highlight ist für mich allerdings die Explosion, bei der ich unwillkürlich den Kopf eingezogen habe. Da auch hier die Geschichte für sich wirken soll und kann, ist der Einsatz von aufdringlichen Effekten unnötig, und das Produktionsteam beschränkt sich darauf, die Stimmen sich nähernder Personen nach und nach lauter werden zu lassen, um deren Herankommen akustisch darzustellen.

Zu den Sprechern:
Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes) brilliert einmal mehr als der ungeduldige, von sich überzeugte Meisterdetektiv, dem der Fall gegen Ende beinahe zu entgleiten droht. Natürlich steht ihm diesmal wieder sein treuer, gutmütiger Freund und Chronist Detlef Bierstedt(Dr. Watson) zur Seite. Übrigens ist es auch Watson, der stets das Intro zu den "geheimen Fällen des Meisterdetektivs" spricht und den Hörer auf diese Weise in die Geschichte einführt. Jacques Breuer(Duke of Dorset) ist klasse als Holmes ehemaliger Mitschüler, der sich zunächst noch für etwas Besseres hält, dessen herablassende Art aber schnell der Verunsicherung Platz macht. Sehr gut gefallen hat mir auch Daniela Bette(Mrs. Williams) mit ihrer Darstellung der verzweifelten, sehr besorgten Ehefrau des vermissten Kutschers. Gleiches gilt auch für Matthias Lühn(Johnson), den hilfsbereiten Verwalter des Dukes, der seinem Herrn treu ergeben ist. Der Auftritt von Thomas Balou Martin(Inspect. Morrison) ist zwar kurz, aber eindrucksvoll. Mit wenigen Sätzen gelingt es Martin, dem Hörer ein Bild seiner Figur, dem höflichen, aber sehr dienstlich agierenden und von Holmes' Anweisungen hörbar verärgerten Polizeibeamten, zu vermitteln. Dies gelingt auch Bert Stevens(Mr. Cheadle) mit seinem Portrait des freundlichen, aber etwas einfach gestrickten Gastwirts. In weiteren Nebenrollen treten noch Bodo Primus(Grossfürst Sergej) als der amüsierte russische Gast mit starkem Akzent, der mich an die Titelfigur in dem "Lucky Luke"-Comicband "Der Großfürst" erinnert und genauso zum Lachen gebracht hat, sowie Marc Gruppe(Groves) als verlegener, etwas zögerlich agierender Chauffeur des Duke auf.

Fazit:
Ein ungewöhnlicher Fall, bei dem selbst der Meisterdetektiv erst kurz vor Schluß die Zusammenhänge erkennt.

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