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Rezension: Sherlock Holmes - 44 - Der zweite Hund

Verfasst: Mo 24.05.2021, 16:44
von MonsterAsyl
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Sherlock Holmes - 44 - Der zweite Hund

Zum Inhalt:
Sherlock Holmes und Dr. Watson freuen sich auf ein ruhiges Wochende bei Richter Maybury in Croxton Hall, wo Holmes an einem Golfturnier teilnehmen will. Genauer gesagt ist es nur der Meisterdetektiv, der sich freut, denn sein treuer Freund und Chronist hatte dieses Ereignis total vergessen.
Kaum angekommen, wird das Duo auch schon mit einem gerade geschehenen Mord konfrontiert. Daß es sich bei dem als Täter Verhafteten um Holmes' Caddy handelt, ist ein weiterer Ansporn für ihn, den Fall noch am selben Abend zu lösen.

Zur Produktion:
Für das vorliegende Hörspiel hat Titanias Skriptautor Marc Gruppe erneut eine Ronald Standish-Erzählung des britischen Autoren Herman Cyril McNeile (28.09.1888-14.08.1937) zu einem Sherlock Holmes-Fall umgeschrieben. Dies ist übrigens nach den Folgen 34, 36-40 und 42-43, das neunte Mal, daß Gruppe auf eine dieser Kurzgeschichten zurück greift. Wie schon bei den Vorgängern, bleibt er inhaltlich wieder größtenteils dicht an der literarischen Vorlage. Neben dem Austausch der Namen der Hauptprotagonisten, musste nur ein Detail geändert werden, um die eigentlich in den frühen 1930er Jahren spielende Handlung zurück ins Viktorianische Zeitalter zu versetzen. So sind unsere Helden hier mit einer Kutsche, statt, wie bei McNeile, mit dem Auto unterwegs. Auch was die Sprache angeht, hat Marc Gruppe bei seiner Übersetzung einige Veränderungen vorgenommen, die jedoch allesamt weder den Charakter der Geschichte noch den Inhalt in irgendeiner Form verfälschen. So wurde beispielsweise aus dem ursprünglichen "Gang zum Galgen" eine "Tragödie", "fluchen" zum "Gossenjargon" und aus der "pig-headedness" des Inspektors ein "störrischer Dickkopf". Darüber hinaus gibt es noch ein paar "Modernisierungen" im Vokabular. So ist unter anderem von "Pegel erreicht" und dem "ausgepusteten Lebenslicht" die Rede. Die wenigen Kürzungen, die vorgenommen wurden, sind, abgesehen von pikanten Details im Verhalten des Toten gegenüber einer Frau, kaum der Erwähnung wert. Es handelt sich dabei lediglich um Beschreibungen, welche für den Ablauf des Geschehens unwichtig sind. Im Gegenzug bekommt der Hörer aber dafür eine etwas umfangreichere Einführung, bei der Holmes seinen Freund ein bisschen neckt, um den Hörer in die richtige Stimmung zu versetzen. Neben den leicht erweiterten Dialogen und dem ausführlicheren und letztlich versöhnlicheren Ende, bei dem es auch einen kleinen Abschlußgag gibt, ist nur eine Änderung wirklich auffällig. Während sich McNeil darauf beschränkt, nur kurz zu erwähnen, daß der Ermordete unter anderem eine Katze mit Öl übergossen und angezündet hat, lässt es sich Gruppe nicht nehmen, auch die Qualen des Tieres zu beschreiben. Vermutlich wollte er damit den fiesen Charakter des Toten nochmals unterstreichen. Glücklicherweise ist die Szene nicht mit den entsprechenden Geräuschen unterlegt worden, ansonsten wäre sie wohl für Katzenliebhaber unerträglich gewesen. Auch wenn die Zahl der Verdächtigen überschaubar bleibt, finde ich den Fall durchaus spannend, und es ist wie immer ein Vergnügen, den Meisterdetektiv beim Deduzieren zu begleiten. Obwohl die Laufzeit von 72 Minuten und 8 Sekunden einigen vielleicht recht lang erscheinen mag, gelingt es Marc Gruppe durch sein ausgefeiltes Hörspieldrehbuch, den Spannungsbogen bis zum Schluß aufrechtzuerhalten. Wie üblich kann sich aber jeder selbst ein Bild von den Unterschieden machen, denn auch diese Geschichte, die achte im Buch "Ronald Standish", ist im englischsprachigen Original (The second Dog) unter http://gutenberg.net.au/ebooks06/0607761h.html#story8 im Internet zu finden.
Ganz dem hohen Niveau der Titania Medien-Hörspiele entsprechend, haben Stephan Bosenius und Marc Gruppe auch diesmal große Sorgfalt bei Produktion und Regie an den Tag gelegt. Schon in der Eröffnungsszene bekommt der Hörer eine Vielzahl unterschiedlicher Geräusche präsentiert, die das Geschehen atmosphärisch illustrieren. So ist der zeitungslesende Watson hörbar mit dem Umblättern der einzelnen Seiten beschäftigt, bei seiner Anmerkung gegenüber Holmes, daß es ziehe, weht draußen der Wind, und wie bei diesen Geschichten üblich, darf auch das prasselnde Feuer im Kamin nicht fehlen. Besonders gut gefallen haben mir das Gemurmel der "Menschenmenge", die sich am Tatort versammelt hat und die Szene vor dem Wirtshaus, die stimmungsvoll mit den unruhigen Pferden, dem Öffnen und Schließen der Kutschentür sowie etwas entferntem Hundegebell dargestellt worden ist. Beim späteren Abendessen klappern Besteck und Geschirr, es werden Stühle gerückt, und natürlich hat auch jede Tür wieder einen eigenen, für sie charakteristischen Ton. Wer meine Rezensionen kennt, weiß, daß ich besonderen Wert auf möglichst echte Schrittgeräusche lege, und dies ist der einzige Aspekt, der mich hier nicht ganz überzeugen konnte. Ich beziehe mich dabei auf die Szene, als Holmes, Watson, Maybury und der Inspektor den Tatort aufsuchen. Zwar wird deutlich, daß es sich um mehrere Personen handelt, doch die einzelnen Geräusche klingen für mich zu "durcheinander". Die Mehrzahl der Hörer dürfte das aber wohl nicht stören, da alle anderen Töne perfekt zum Geschehen passen. Das Hörerlebnis wäre kein vollkommenes, wenn es nicht auch noch die passende musikalische Untermalung gäbe. Zu Beginn ertönt die bekannte Titelmelodie, die ich nach wie vor überaus gelungen finde. Wie diese, sind auch der überwiegende Teil der Melodien mit Geige und Klavier eingespielt worden, manchmal unterstützt von diversen Blasinstrumenten. Diese "klassisch" gehaltenen Weisen kommen immer dann zum Einsatz, wenn es um Überleitungen in andere Szenen geht bzw. wenn ruhigere Töne angesagt sind, so z.B. bei Holmes' Schlußfolgerungen am Ende des Hörspiels. Demgegenüber sind alle Sequenzen, in denen es etwas unheimlicher wird, wie beispielsweise bei der Erstbegehung des Tatorts, mit düsteren, ja schon beinahe bedrohlich wirkenden Synthesizertönen unterlegt. Was die Effekte betrifft, so beschränkt sich das Produktionsteam allein auf die Verwendung von Hall zu unterschiedlichen Anlässen. Dazu zählen Holmes erster Satz in diesem Hörspiel, bei dem er eine für seine Figur dauerhaft geltende Aussage macht, die sich auf diese Weise vom weiteren Text abhebt. Gleiches gilt für den Kernsatz der Handlung: "Die dritte Glocke im zweiten Hund.", deren Wichtigkeit so noch einmal unterstrichen wird. Zum dritten und letzten Mal greifen die Produzenten auf diesen Effekt zurück, als Holmes, Watson, Maybury und Parker in der Eingangshalle zusammentreffen.

Zu den Sprechern:
Die beiden Hauptdarsteller Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes) und Detlef Bierstedt(Dr. Watson) gehen einmal mehr ganz in ihren Rollen auf. Tennstedt verkörpert den kühlen, sehr selbstbewussten Meisterdetektiv mit gewohnter Eloquenz, und es ist schon amüsant, wie gekonnt er gegen den ermittelnden Inspektor stichelt. Ich erwähnte ja bereits die präzise Regieführung, welche sich unter anderem anhand dieser Figur sehr schön zeigen lässt. In dem Augenblick, wo sich Holmes eine Pfeife angsteckt hat, klingt Tennstedt exakt so, als hätte er während seiner Ausführungen selbige im Mund. Ich kann mir nicht helfen, aber immer wenn Bierstedt auftritt, muss ich bei seiner Interpretation der Figur unwillkürlich an Nigel Bruce, den wohl bekanntesten Darsteller des Doktors im Medium Film denken. Genau wie dieser, brummelt er jedesmal vor sich hin, sobald Holmes ihm leicht lehrerhaft etwas erklärt, was für den Detektiv längst offensichtlich war. Ihm ganz eigen ist jedoch die Art, wie er die Sätze anderer vollendet, was seinem Portrait des treuen Freundes und Chronisten eine ganz individuelle Note verleiht. Martin May(Bill Maybury) ist toll als jovialer Richter, der über die Ereignisse entsetzt ist und der öfter nach den passenden Worten suchen muss, um nicht die Contenance zu verlieren. Ihm zur Seite steht ein wahres Urgestein des Hörspiels, der souverän agierende Bernd Kreibich(Parker) in der Rolle von Mayburys Butler. Seine inzwischen leicht heisere Stimme und seine distinguierte Art zu sprechen, eignen sich perfekt für den zuvorkommenden Bediensteten, der mehrfach, quasi stellvertretend, das sagt, was sich für seinen Chef, den Richter, nicht geziemen würde. Ich freue mich wirklich immer, wenn ich Michael Pans Namen auf der Besetzungsliste sehe. Das Portrait des ermittlenden Kriminalbeamten(Inspektor Johnston) ist jederzeit stimmig und entspricht ganz der Art und Weise, wie Inspektor Lestrade agieren würde. Auch er macht deutlich, daß er Holmes für überbewertet hält und ist so von sich überzeugt, daß er den Überlegungen des Meisterdetektivs kaum Gehör schenkt. Ebenso wie Lestrade, bleibt ihm aber am Ende doch nichts anderes übrig, als diesem, wenn auch unwillig, zu seinem Erfolg zu gratulieren. Bei der Besetzung von Arianne Borbach(Betsy) als alte, leicht reservierte Haushälterin des Mordopfers, hatte ich zunächst Bedenken, ob sie sich nicht doch zu jung für diesen Part anhören würde. Meine Bedenken hat sie jedoch bereits mit ihrem ersten Satz umgehend zerstreut, da es der Schauspielern scheinbar mühelos gelingt, ihre Stimme dem Alter der Figur anzupassen. Ihr Auftritt ist zwar relativ kurz, bleibt aber dank des hervorragenden Spiels wesentlich länger im Gedächtnis, als man zunächst vermuten würde. Ebenso passend ist der kleine Auftritt von Marc Gruppe(Polizist) als strenger Ordnungshüter, der versucht, die Menge zu zerstreuen.
Das sprecherische Highlight bildet für mich aber eindeutig Christoph Jablonka(Tom Dixon) als vom Schicksal gebeutelter älterer Seebär. Seine leicht raue Stimme, verbunden mit seinem ausdrucksstarken Spiel, nahmen mich als Hörer derart gefangen, daß ich beinahe atmlos seine Erzählung verfolgt habe. Zu meiner Schande muss ich gestehen, daß ich ihn bisher nur als deutschen Sprecher von "Homer Simpson" auf dem Schirm hatte, aber diese "Reduzierung" meinerseits wird seinem schauspielerischen Talent absolut nicht gerecht. Zukünftig werde ich verstärkt auf seine Auftritte achten.

Fazit:
Die ungewöhnliche Tatwaffe, gepaart mit der ausgesprochen guten Besetzung, sorgen für ein rundes Hörvergnügen.

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