Rezension: Titania Special - 11 - Die kleine Meerjungfrau
Verfasst: Di 13.10.2015, 15:47
Titania Special - 11 - Die kleine Meerjungfrau
Zum Inhalt:
Für Meermenschen gibt es nichts Interessanteres, als die Welt der Menschen. Insbesondere die jüngste Tochter des Meerkönigs kann es gar nicht erwarten, endlich alt genug zu sein und auch an die Oberfläche schwimmen zu dürfen. Doch noch bevor es dazu kommt, findet sie in einem untergegangenen Schiff das Marmorstandbild eines schönen, jungen Prinzen. Die kleine Meerjungfrau verliebt sich sofort unsterblich in ihn, und dieses Gefühl lässt ihr die Zeit, bis sie auftauchen darf, schier unendlich erscheinen. Als es dann soweit ist, trifft sie zufällig auf ein Schiff mit dem echten Prinzen an Bord. Das sinkt in einem Sturm, aber die kleine Meerjungfrau kann ihren Angebeteten vor dem Ertrinken retten. Nach diesem Ereignis fasst sie eine folgenschweren Entschluss...
Zur Produktion:
Neben "Gruselkabinett" und "Sherlock Holmes", hat das Label Titania, unter dem Titel "Titania Special", auch noch eine dritte Reihe im Programm, bei der es sich ausschließlich um klassische Kinderbuch- bzw. Märchenadaptionen handelt. Davon erscheint immer nur eine Folge pro Jahr, meist im Herbst oder Winter. Für 2015 hat man sich entschieden, nach dem "Special 08 - Die Schneekönigin"(2013), zum zweiten Mal ein Märchen von Hans Christian Andersen (02.04.1805 - 04.08.1875) zu vertonen. "Den lille Havfrue", wie das Märchen auf Dänisch heißt, erschien erstmals 1837 und basiert auf der Sage der Undine. Seit ihrer Erstveröffentlichung, hat diese Erzählung, deren Popularität nach wie vor ungebrochen ist, zahlreiche Menschen inspiriert. Das betrifft nicht nur Schriftsteller wie Oscar Wilde oder Gerhardt Hauptmann, sondern auch Komponisten wie Eugen d'Albert oder Germaine Tailleferre und Künstler wie Edvard Munch. Außerdem gab es bereits rund ein Dutzend Verfilmungen, die sich mal mehr, mal weniger genau an die ursprüngliche Geschichte gehalten haben. Spätestens seitdem Bildhauer Edvard Eriksen 1913 seine berühmte Skulptur geschaffen hat, die zum Wahrzeichen Kopenhagens wurde, ist die Gestalt der kleinen Meerjungfrau weltweit ein Begriff. Obwohl sich Skriptautor Marc Gruppe beinahe 70 Minuten Zeit nimmt, die Handlung zu erzählen, mussten doch einige Abschnitte gestrafft oder ganz gestrichen werden. Das betrifft vor allem den moralisierenden Schluss des Märchens, bei dem Kinder dazu angehalten werden, brav zu sein, damit sich die Zeit der Meerjungfrauen auf Erden verkürzt und sie so früher in den Himmel dürfen. Ich persönlich begrüße diese Kürzung, da man heutzutage längst verstanden hat, daß Kinder eben nicht immer nur dann als "gut" gelten, wenn sie gefügig sind.
Ansonsten bleibt Marc Gruppe, bis auf geringfügige Änderungen, dicht an Andersens Textvorlage. Um das Hörspiel flüssiger zu gestalten, wurden wieder einige Erzählpassagen in Dialoge umgewandelt, andere ein wenig gerafft oder zusammengelegt. Den sprachlichen Stil behält der Autor größtenteils bei, lediglich einige Worte hat er leicht verändert. So wird beispielsweise aus "Knoten" ein "Knäuel" und "köstlich" ist durch "herrlich" ersetzt. Das einzige wirklich "moderne" Wort ist "selbstmurmelnd", eine humoristische Formulierung, die Marc Gruppe sehr zu schätzen scheint, da er sie auch in der Vergangenheit wiederholt eingesetzt hat. Diejenigen, die ihren Kindern das Märchen selbst vorlesen oder einen eigenen Vergleich zwischen Hörspiel und Märchen anstellen wollen, finden Andersens Werk im Internet, unter http://www.zeno.org/Literatur/M/Anderse ... eejungfrau.
Da sich der Großteil der Handlung im Meer abspielt, war ich schon sehr gespannt, wie die Produzenten und Regisseure Stephan Bosenius und Marc Gruppe diese Welt mit Leben füllen würden. Viele glauben ja, unter der Wasseroberfläche würde nur Stille herschen, aber jeder, der schon einmal getaucht ist, weiß, daß dem nicht so ist. Entsprechend bemühen sich auch die beiden Macher, die ständigen Bewegungen in der Tiefe durch eine Art Grollen, verbunden mit leichtem Blubbern, darzustellen. Andere Töne, die man unter Wasser hört, wie die Kirchenglocken oder das Waldhorn, sind nur gedämpft zu vernehmen. Sobald die Handlung an der Oberfläche spielt, werden die Szenen mit gewohnteren Klängen, wie Wellenbrandung, schreiende Möwen oder Platschen unterlegt. Entsprechend dem Alter der Geschichte, greifen Bosenius und Gruppe für die musikalische Begleitung überwiegend auf Harfe, Geige oder Flöte zurück. Neben eher unbekannten Arrangements und einem dezent eingespielten Choral, werden Freunde der klassischen Musik auch so bekannte Stücke wie den Wiener Walzer von Strauss heraushören.
Zu den Sprechern:
Die Stimme von Max Schautzer(Erzähler) klingt für meinen Geschmack zwar noch ein bisschen zu jung für den "klassischen Märchenonkel", aber er hat ein gutes Gespür für Tempo und Betonung. Die von mir glühend verehrte Reinhilt Schneider(Die kleine Meerjungfrau) ist auch hier einmal mehr einfach nur großartig. Ihre weiche, melodische Stimme passt für mich perfekt zu dem zerbrechlichen Wesen, das alles für seine große Liebe aufgibt. Dagmar von Kurmin(Die Großmutter) ist beeindruckend in der Rolle der liebevollen, weisen Oma, und auch Kristine Walther(Schwester) und Julia Stoepel(Schwester) als etwas oberflächliche, aber herzensgute Geschwister, können vollends überzeugen. Doris Gallart(Die Meerhexe) gelingt es, mit ihrer ausdrucksstarken Darstellung der bösen Zauberin, weitere Akzente zu setzen, und Horst Naumann(Der König) passt mit seiner rauen Stimme perfekt auf den Part des würdevollen Herrschers. Timmo Niesner(Der Prinz) spielt den jungen, sorglosen Adelsspross, der leider die Falsche begehrt, mit viel Elan, und Dana Fischer(Die Prinzessin) spricht das junge, frisch verliebte Mädchen mit samtener Stimme. Die heiseren Lockrufe, welche die kleine Meerjungfrau auf dem Weg zur Hexe vernimmt, stammen von Marc Gruppe(Die Polypen), und die wohlmeinende Schiffsmannschaft des Prinzen wird von Johannes Bade(Mannschaft), Marcel Barion(Mannschaft), Kai Naumann(Mannschaft) und Marc Gruppe(Manschaft) intoniert.
Fazit:
Wunderschöner Klassiker der Märchenwelt, liebevoll umgesetzt.
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